Hartmut Jatzke-Wigand
 

Jo Klatt

Braun HiFi - Musikanlagen Studio 46, 60, 80 und E


Hinter diesen fast unbekannten Bezeichnungen verbergen sich die von allen Design Sammlern begehrten Stereo-Verstärker, wie CSV 13 und CSV 60, die Plattenspieler der PCS 5-Serie, die Tuner CET 15 und CE 16 und die Lautsprecher L 46, L 60, L 80 und LE 1.

 

Die ersten HiFi-Musikanlagen entstanden 1961; sie gehörten in dieser Zeit zu den wenigen Musikanlagen auf dem deutschen Markt, die dem Anspruch High Fidelity gerecht wurden. Braun war der wichtigste Wegbereiter für HiFi. Gute Prospekte und aufwendige Schriften in Broschürenform erklärten dem Interessierten High Fidelity und den hohen technischen Aufwand der Braun-Studioanlagen.

 

Die Broschüren trugen den Titel:

"Stereo High Fidelity, Einführung und Anleitung". Es erschienen damals sechs Folgen, in denen man sehr gut die Weiterentwicklung der HiFi-Anlagen von Braun verfolgen konnte. Das erste Heft kam 1962 heraus, die letzte Ausgabe erschien 1966. Daß es gesuchte Broschüren sind, weiß wohl jeder Sammler.

 

In Heft 1 dieser Ausgaben sind auf Seite 24 sehr gut die Geräte- Gruppierungen dargestellt :

 

Musikanlage "Studio 46"

PCS 5, vorhandenes Rundfunkgerät mit Diodenausgang, CSV 13, 2 x L 46

 

Musikanlage "Studio 60"

PCS 5, CET 15, CSV 13, 2 x L 60

 

Musikanlage "Studio 80"

PCS 5, CET 15, CSV 60, 2 x L 80

 

Musikanlage "Studio E"

PCS 52, CET 15, CSV 60, 2 x LE 1

 

Mit der Weiterentwicklung der HiFi -Geräte gab es natürlich auch Veränderungen in den Musikanlagen-Gruppen. Dies kann man sehr gut in den genannten Broschüren erkennen .

 

Form

Einfache, aus einzelnen Stahlblechen und Aluminium-Frontteilen hergestellte Konstruktion des Gehäuses. Die Teile werden mit sichtbaren Schrauben zusammengehalten, die in die Gestaltung mit einbezogen sind. Alle Regler sind auf einer Ebene nach Wertigkeit geordnet. Die Knöpfe sind zylindrisch. Der Bereichsschalter und der Wellenschalter haben eine Pfeilform. Die Lüftungsschlitze sind als Linienstruktur angeordnet.

 

Farbe

Die Geräte-Frontseite besteht aus eloxierten Aluminiumplatten. Der Gerätekorpus aus Stahlblech ist mit einem lichtgrauen Mattlack (RAL 7035) überzogen. Die Knöpfe sind in einem mittleren Grauton sorgfältig auf die Gehäusefarbe abgestimmt. Auch der Holzkorpus des PCS 5 und die Lautsprechergehäuse aus Holz sind mit dem lichtgrauen Mattlack überzogen, wobei der Farbton leicht schwankt. Alle Konstruktionsmaterialien, ob Metall oder Holz, erhalten durch die gleiche Lacki rung ein neutrales Erscheinungsbild.

 

Abmessungen

Alle Geräte haben gleiche bzw. sich zu gleichen Dimensionen addierende Grundmaße. Breite 40 cm, Höhe 10 cm, Tiefe 32 cm, und Breite 20 cm, Höhe 10 cm, Tiefe 32 cm zuzüglich Plexiglasdeckel beim PCS 5, Höhe 20,5 cm.

 

Optische Wirkung

Durch die sehr einfach anmutende, hart rechtwinklige Konstruktion der Gehäuse und die betont kühle Farbgebung erlebt der Betrachter die Wirkung und den Reiz der Abstraktion in der Gestaltung eines technischen Gerätes, ganz im Sinne der ehemaligen Hochschule für Gestaltung, Ulm.

 

PCS 5

Der Plattenspieler PCS 5 hat einen hohen und schweren Plattenteller für einwandfreien Gleichlauf, eine im Detail gut gestaltete, technisch ausgeklügelte Tonarmkonstruktion sowie Hebel und Schalter mit klarer Funktionszuordnung. Das Ganze wird mit einer Plexiglashaube abgedeckt, die leicht, fast schwebend wirkt, da sie beidseitig offen ist. Der Korpus ist hellgrau oder graphit. Der PCS 5 mit Shure-System M 33 kostete damals DM 596,-.

 

Man konnte auch noch leistungsstärkere Tonarme einbauen; Braun bot drei zur Auswahl an. Den Shure-Stereo-Dynetic-Tonarm M 222/226, den Shure-Professional-Tonarm M 232/236 und den Shure-Tonarm 3009, 3012/Serie II. Letzterer ist der legendäre SME II, ein optischer und akustischer Genuß. Er kostete damals schon separat DM 328,-.

 

CET 15, CE 16

HiFi Radioempfangsteile Die beiden Tuner hatten damals schon Transistoren - und im Vergleich zu den Verstärkern fast keine Erwärmung. Wie unterscheiden sich die beiden voneinander? Der CET 15 hat eine weiße Skala und der CE 16 eine schwarze. Der CE 16 besitzt für die UKW-Scharfabstimmung einen Drucktastenschalter und wurde gleich mit Stereo Dekoder geliefert.

Beide Tuner konnten mit dem Bereichsschalter des Verstärkers eingeschaltet werden. Der Tuner ist nur halb so breit wie der Verstärker, sonst ist er aber genauso gestaltet wie der CSV 13 und der CSV 60. Der CET 15 kostete DM 568,- und der CE 16 DM 745,-.

 

CSV 13/CSV 60 HiFi-Verstärker

Auch bei dem Verstärker sind die Bedienungsfunktionen deutlich durch die Gestaltung zu erkennen. Die Gerätetypographie (Beschriftung) im Stil der HfG Ulm in Kleinschreibung. Schalter und Knöpfe sind sachlich gestaltet und mit Einstellmarkierungen versehen. Das grüne Lämpchen, bündig auf der Frontplatte, und das Glühen der Endröhren unter dem Kühlblech beleben die abstrakte Gestaltung. Der Stahlblechkorpus ist hellgrau und im Format identisch mit dem PCS 5. Zuletzt, ca. 1967, kam noch der CSV 60-1 heraus. Er hatte einen vierten rechten Kippschalter für die Hinterbandkontrolle und wurde in schwarzem Kräusellack angeboten. Der CSV 13 hatte einen Preis von DM 775,- und der CSV 60 kostete DM 1.195,-. Die beiden Verstärker unterschieden sich optisch nicht. Nur die Ausgangsleistung betrug bei dem CSV 13  2 x 12 Watt und bei dem CSV 60 2 x 30 Watt Sinusleistung (mono 60 W).

 

HiFi-Flach-Lautsprechereinheit L 46

Die Box ist fast so flach wie ein Bild. Es ist erstaunlic , wie voll und kräftig die tiefen Baßtöne bei so geringem Volumen wiedergegeben werden.

 

Technische Beschreibung: Dynamische Lautsprecher in völlig geschlossenem und gedämpftem Gehäuse. Übertragung von 40 bis 20.000 Hz. Belastbarkeit 10 (18) Watt, Anpassung 4 ... 6 Ohm. Bestückung: 1 Tieftonlautsprecher 20 cm, 1 Hochtonlautsprecher 8 cm, Gehäuse Holz mit weißer oder graphitfarbener Kunststoffoberfläche; Frontseite eloxiertes Alu-Geflecht. Rückseitig Vorrichtungen für waagerechtes oder senkrechtes Hängen.

Abmessungen: Breite 65 cm, Höhe 36 cm, Tiefe 11 cm. Preis 1963: DM 167,-.

 

HiFi-Lautsprechereinheit L 60

Der Lautsprecher hat ein abschraubbares Fußgestellt, welches laut damaligem Prospekt gut geeignet ist, den Lautsprecher bei wechselnder Hörergruppierung leicht zu verschieben.

Technische Beschreibung: Übertragung von 50 bis 20.000 Hz, regelbare Präsenzanhebung. Belastbarkeit 15 (25) W, Anpassung 15 Ohm. Bestückung: Tieftonlautspreeher 30 cm O, 2 Mitteltonlautsprecher 11,5 cm O, Hochtonlautsprecher 8 cm O. Gehäuse völlig geschlossen. Holz mit weißer Kunststoffoberfläche, Frontseite eloxiertes Alu-Geflecht, Untergestell vernickeltes Stahlrohr.

In dieser Bauart gab es noch weitere Lautsprechereinheiten: L 50. Übertragung von 50 bis 18.000 Hz. Belastbarkeit 8 (14) W. Sie wurde damals auch Baßreflexbox genannt. L 60-4. Übertragung von 40 bis 20.000 Hz. Belastbarkeit 12 (30) W. L 61. Übertragung 30 bis 20.000 Hz. Belastbarkeit 20 (60) W. Hochton-Pegelregler. Abmessungen: Breite 65 cm, Höhe ohne Fußgestell 36 cm (Fußgestell 25 cm), Tiefe 28 cm. Preis 1963: L 50 DM 295,-, L 60 DM 390,-, L 60-4 DM 340,-, L 61 DM 588,-.

 

HiFi- und Studio-Lautsprechereinheit L 80

"Die L 80 gehört zu den paar Lautsprechern auf der Welt, die von jedem Hörer spontan als außerordentlich empfunden werden. Ihre kraftvollen Tiefen, die jedem Orgelbaß g wachsen sind, ihre musikalischen Höhen, die auch im Fortissimo offen und klar bleiben und nie schrill klingen, ihre aus gewogenen Mittellagen, beeindrucken geschulte und Laien-Ohren gleichermaßen." So beschrieb Braun damals (1961) in einem Lautsprecherprospekt die L 80. Technische Beschreibung: Dynamische und Bändchen-Lautsprecher in geschlossenem, gedämpften und resonanzfreiem Gehäuse. Übertragung von 25 bis 25.000 Hz . Belastbarkeit 10 (30) Watt, Anpassung 15 Ohm. Bestückung: 1 Tieftonlautsprecher "Leak Sandwich" 33 cm. 1 Mitteltonlautsprecher 10 cm (Spezialentwicklung), 1 Hochtonlautsprecher "Kelly Ribbon", Gehäuse Holz mit weißer Kunststoffoberfläche oder Nußbaum mattiert; Frontseite Stoffbespannung oder gelochtes Alu-Blech. Fußgestell mit Trägern, in denen das Gehäuse schwenkbar ist. Abmessungen ohne Fuß: Höhe 85 cm, Breite 42 cm, Tiefe 33 cm. Preis 1963: DM 1.295,- mit Fuß und DM 1.095, - ohne Fuß.

 

HiFi-Lautsprechereinheit LE 1

In dem elektrostatischen Gegentakt-Lautsprecher LE 1 werden großflächige, sehr leichte Membranen von der Tonwechselspannung auf ihrer ganzen Fläche angetrieben. Sie können den Impulsen "behender" und trägheitsloser folgen als die - nur aus der Mitte bewegten - Konusmembranen dynamischer Lautsprecher. Hierdurch bleiben Einschwingvorgänge und Verzerrungen meistens unter der Wahrnehmungsgrenze. Die Wiedergabe klingt ungewöhnlich realistisch und naturgetreu. Es war damals noch schwierig, elektrostatische Lautsprecher mit guter Tieftonwiedergabe zu bauen. Bei der LE 1 konnte die Baßwiedergabe jedoch mit geringem Abfall bis 45 Hertz herab ausgedehnt werden. Die LE 1 wurde nach einer Quad -Lizenz hergestellt und durfte nur in Westdeutschland vertrieben werden.

 

Technische Beschreibung: Übertragung von 45 bis 18.000 Hz. Belastbarkeit 15 Watt, Anpassung 15 Ohm, Netzanschluß für Wechselstrom 220 oder 110 Volt. Bestückung: 2 Tieftonsysteme, 1 Mitteltonsystem, 1 Hochtonsystem. Gehäuse Metallrahmen hellgrau, Frontseite perforierte Metallplatte graphit, Fußgestell aus vernickeltem Stahlrohr. Anschlußschnur 10 m, mit Spezialstecker für Verstärker CSV 11, CSV 13 und CSV 60. Abmessungen mit Fußgestell: Breite 83 cm, Höhe 77 cm, Tiefe 32 cm. Preis von 1959: DM 750,-.

Die Braun HiFi-Musikanlagen Studio 46, 60, 80 und E gehören in einer Zusammenstellung in jede Braun-Sammlung. Sie sind in ihrem formalen und technischen Anspruch "High-tech-Klassiker" - obwohl diese Bezeichnung zu ihrer Entstehungszeit noch nicht geläufig war.

 

 

Quelle:
Klatt, J.: Braun Hi-Fi-Musikanlagen Studio 46, 60, 80 und E. In: Braun+Design 9, Hamburg Dezember 1987, 4-16

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