Hartmut Jatzke-Wigand
 

Jo Klatt

Die Braun Radios von 1955 bis 1961


1. Die Radios ohne eingebautem Plattenspieler

 

Radios waren die ersten Geräte, die schon vor dem 2. Weltkrieg von der Firma Max Braun hergestellt wurden. Zuvor produzierte das Unternehmen Einzelteile, wie Detektoren und Röhrensockel für die Produktion von Rundfunkgeräten anderer Hersteller.

 

Während des Krieges musste Max Braun (in Frankfurt nannte man das Unternehmen Radio Braun) so wie alle anderen Hersteller auch den Volksempfänger herstellen. Diese Technik war auch für den Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg die Ausgangsbasis für die Produktion von einfachen Radioempfängern mit Mitteln, die zur Verfügung standen.

 

Wir beginnen wie bisher in unserer Übersicht mit den Geräten nach der Umstellung auf das neue Design, also ab 1955. Die, für die neue Formgebung von Braun wichtige Präsentation fand auf der Radio-Phono- und Fernsehausstellung in Düsseldorf von 1955 statt. Der legendäre Gesamtauftritt war für die Branche ungewöhnlich. So auch die ersten Radiogeräte, die von der HfG Ulm, Artur Braun und Dr. Fritz Eichler gestaltet wurden.

 

Die damalige Fachpresse und Tageszeitungen lobten die Neukonstruktionen als eine kulturelle Tat. 'Der klaren, sauberen Form entsprechend, haben die Konstrukteure dem Ton seine natürliche Höhe zurückgegeben. Der künstlich abgedumpfte Klang, von dem man sich bisher besondere Effekte versprach, ist bei Braun verpönt.' So aus einem Braun Prospekt von 1956. Alle hier besprochenen Radiogeräte von Braun arbeiteten noch mit der Röhrentechnik. Wärmeentwicklung im Inneren waren bei der Konstruktion wichtige Kriterien, um eine Überhitzung zu vermeiden.

 

Das TS-G Gerät mit der obenliegenden Skala und den Bedienungsknöpfen, sowie dem dahinterliegenden Chassis, besaß für die Bedienung Vorteile, doch für die Wärmeableitung war dies wenig sinnvoll. Obwohl der untere Raum des Gerätes durch die Lamellenkonstruktion an allen vier Seiten ein offenes luft- und schalldurchlässiges Gebilde für die dahinterliegenden Lautsprecher hatte.

 

Eine Konstruktionsart, Design Helmut Müller-Kühn, die in der Fertigung aufwendig und dadurch arbeitsintensiv war. Die Wärme zieht nach unten, sondern nach oben. Ein eigentlich offenes Gehäuse, doch die nach unten geneigten Holzlamellen verwehren den Einblick in das Gerät. Der Ton der zwei Hochtonlautsprecher und der nach vorn gerichteten Breitbandlautsprecher vermitteln zusammen nach allen vier Seiten einen 'luftigen' Klangeindruck. Dies wird noch zusätzlich gefördert durch den nicht gedämpften Innenraum des Gerätes. Dieser Klangeindruck ähnelt dem eines Instrumentes, wie z.B. dem eines Klaviers oder mehr noch dem eines Flügels.

 

Das TS-G war ein bemerkenswertes Gerät aus hellem Ahornholz mit gestalterisch neuen Ansätzen. Nur blieb es dabei. Die aufwendige, meist manuell herstellbare Konstruktion veranlasste Braun zu einer nur kurzen Laufzeit des Gerätes.

 

G 11 war das zweite von der HfG Ulm gestaltete Radio der neuen Generation. Das Gerät hatte keine Seitenlautsprecher, sondern nur nach vorn gerichtete Breitbandlautsprecher und, in der Anfangsproduktion eine mit Schlitzen ausgestattete Lautsprecherabdeckung aus Holz. Diese Abdeckung erhielt kurze Zeit später, wie beim TS-G eine nach unten geneigte Lamellenabdeckung, allerdings nicht aus Holz,sondern aus lackiertem Blech. Das fast weiße Ahornfurnier des Gehäuses war für die Branche der 'Hochglanz - Nußbaumlackierer' sehr ungewöhnlich. Das einfach aussehende Gerät erhielt dem zufolge schnell den Spitznamen 'Kaninchenstall.' Durch die einfach und sinnvolle Konstruktion erlebte das Gerät eine längere Produktionszeit als das TS-G.

 

Das für die beginnende neue Formgebung zunächst markante Braun-Radio war das kleine Gerät SK 1/2. Das Gehäuse aus Bakelit wurde in der ersten Ausführung in verschiedenen Pastelltönen gespritzt. Es besaß eine für die Branche untypische Frontseite, eine gelochte Lautsprecherabdeckung, in der gleichzeitig der runde Sendereinsteller und die beiden Regler untergebracht wurden. Ein kleines Radio, gedacht für die Küche etc. mit dem Spitznamen, 'Kommißbrot'. In Braun+Design Heft 19, Mai 1991 und in Braun+Design Collection werden die Geräte SK 1 /2, /3. 2/2 und SK 25 eingehender beschrieben.

 

Der Tischsuper TS 1/2, 1956, wurde in der Gestalt dem damaligen WKS-Möbelstil angepasst. So erklärte Braun die Gehäuseform des Gerätes. Braun beabsichtigte damit einen gestalterischen Zusammenhang zu einem weiteren modernen Möbelstil der Zeit zu bringen, dem sogenannten deutschen Werkstätten Stil.

 

Eine relativ einfache Konstruktion in Kastenform mit dünnen hoch stehenden Beinchen. Die Skala, deutlich schräggestellt, die grau eingefärbten Kunststoff-Einstellknöpfe und Tasten machten zusätzlich das typisch Neue in der Braun Formgebung der Rundfunkgeräte aus.

 

Das von Herbert Hirche 1957 gestaltete TS 3 hatte eine etwas breitere und flachere Form als TS 1/2. Im Gegensatz zu der senkrecht stehenden Lautsprecherwand des TS 1/2, war diese nach unten, zur Skala verlaufend, zurückgezogen. Deutlich anders war auch der Farbton der Scala (dunkles grau) und die der  Knöpfe (helles grau).

 

Hinweise für Sammler

Das begehrteste Geräte unter den Radios ist das TS-G. Da es in geringen Stückzahlen produziert wurde, wird es selten und wenn, zum hohen Preis angeboten. In einer 'normalen' Sammlung sollte ein gut erhaltenes SK 1 - SK 25 vorhanden sein. Und hier, die Empfehlung des Autors, ein SK 25 in hellgrau oder anthrazit. So ein Radio bekommt man zu einem erschwinglichen Preis. Seltener dagegen ist das RT 20, da es aufgrund des damaligen hohen Preises nicht so häufig gekauft wurde. Dieses Gerät ist unter anderem auch eine 'Krone' in der Sammlung.

 

Text: Jo Klatt

Fotos: Braun GmbH, Jo Klatt

 

 

Quelle:
Klatt, J.: Die Braun Radios von 1955 bis1961. In: Design+Design 59, Hamburg März-Mai 2002, 4-8

powered by webEdition CMS