Hartmut Jatzke-Wigand
 

Günter Staeffler

Braun Kleinsuper SK 1, SK 2, SK 3, SK 2/2 und SK 25


In der allgemeinen Betrachtung wird der Phonosuper SK 4 (Schneewittchensarg) als der Einstieg von Braun in die Nachkriegs Design-Entwicklung angesehen. Die ersten neu gestalteten Radios sind aber die Geräte Kleinsuper SK 1 und SK 2, die Musikschrankreihe PK - G, die Tischsuper TS-G und G 11 sowie der Kofferempfänger combi, die erstmals auf der Funkausstellung 1955 in Düsseldorf vorgestellt wurden. Mit diesen als revolutionär angesehenen Geräten "schockierte" damals Braun die Branche .

 

SK 1 und SK 2 zählten zu den ersten sichtbaren Ergebnissen des 1954/55 eingeschlagenen neuen Weges bei Braun. Die Typenbezeichnung SK bedeutet "Super Klein".

 

Beeinflußt wurde diese Entwicklung durch eine für die Firma Max Braun, Frankfurt, 1954/55 durchgeführte Marktstudie, in der diese zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen kam:

 

"Das 'Einheitsgehäuse' reicht nicht mehr aus."

 

Das Rundfunkgerät im 'Einheitsgehäuse' der letzten Jahre konnte auch von versierten Fachhändlern oft nur nach dem Firmenschild unterschieden werden. Es stimmte zwar mit der Masse der Möbelkonfektion überein, aber heute wollen ja auch schon 30 % unserer jungen, gebildeten Arbeiter 'anders' wohnen. Das zeigen die stark steigenden Umsätze preiswerter neuzeitlicher Möbel, etwa des Sozialwerkes.

 

Was muß getan werden?

Da das Rundfunkgerät nun einmal ein Möbel ist, muß es die Entwicklung des Möbels mitmachen. Wie sich diese entwickeln, haben wir gesehen .

 

Die Richtung heißt: moderne, klare, schlichte Form, schönes Material, helle Farben, sinnvoller Aufbau, technische Höchstleistung. Händler und Hersteller werden sich dieser Tendenz anpassen - denn in der freien Wirtschaft sind letzten Endes die Wünsche der Käufer entscheidend .

 

Was haben wir unternommen?

Wir haben uns dazu entschlossen, der neuen Entwicklung zu folgen.

 

Hervorragende Formschöpfer haben die neuen Braun-Modelle auf die wesentlichen neuen Möbellinien abgestimmt und dabei bewußt auf das nur Originelle , auf das Modische oder Reißerische verzichtet.

 

Im  "Braun Betriebsspiegel" vom August 1955 stellten die Brüder Erwin und Artur Braun den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens die Studie vor. Ein Gesamtprospekt mit dem neuen Radio- und Fernsehgeräteprogramm war den Werksnachrichten beigefügt.

 

Obwohl es zur Zeit der Entwicklung von SK 1 und SK 2 schon enge Kontakte zur HfG Ulm gab, entstand der Entwurf für den Kleinsuper-Radioapparat im Unternehmen. Artur Braun und Dr. Fritz Eichler entwarfen das Gerät. Auch Dieter Rams, der 1955 seine Tätigkeit bei Braun begann, hatte bereits mit SK 1 und SK 2 zu tun.

 

Das Radiogerät mit seinem aus Kunstharz (Bakelit) hergestelltem lackierten Gehäuse, weißer Lochblechfront und den schlichten Bedienungselementen ist ein wegweisendes Produkt deutschen Nachkriegs-Designs.

 

Mit runder Skala und zwei unbeschrifteten Knöpfen hoben sich SK 1 und SK 2 wohltuend von den damaligen Wettbewerbsprodukten ab. Die Radien der Gehäuse und der Bedienungselemente bildeten eine wohlproportionierte Übereinstimmung. Bei der typografischen Gestaltung der Skalen orientierte man sich stilistisch an den von Otl Aicher an der HfG entwickelten Gestaltungsrichtlinien. Durch seine formale Klarheit, die geringe Größen und dezente Farbigkeit harmonierte das Gerät mit jedem stilistischen Umfeld.

 

An SK 1 und SK 2 lassen sich bereits die erst viel später von Dieter Rams definierten 10 Thesen zum Braun Design mühelos interpretieren. So unter anderem "Gutes Design ist unauffällig'', "Gutes Design ist

ehrlich" und "Gutes Design ist langlebig."

 

Ein typisches, etwa zeitgleiches Gegenstück zu SK 1 und SK 2 war die Philips Philetta, der damals meistverkaufte kleine Rundfunkempfänger. Diesen dem typischen Zeitgeschmack entsprechenden Gerät standen die sachlich nüchternen SK 1 und SK 2 gegenüber. Bausteine für den Rundfunkempfang, ohne Schnörkel, ohne falsches Dekor. Mit glatten Flächen und ausgewogenen Proportionen - eben funktional gestaltet.

 

SK 1 und SK 2 wurden zu beliebten Rundfunkgeräten. In relativ großen Stückzahlen wurden sie von 1955 bis 1964 in verschiedenen Typenvarianten hergestellt. Die anfangs, aus heutiger Sicht, Braun-untypischen Farben hellgrau, lichtgrün und beige wurden später auf graphit und hellgrau reduziert. Auf der XI. Triennale Mailand 1957 erhielten SK 1 und SK 2 als besondere Auszeichnung den "Grand Prix".

 

Nach 30 Jahren sind auch heute noch viele Geräte in deutschen Haushalten zu finden. Sie versehen ihren Dienst als Küchenradio oder in Hobbyräumen.

 

Hinweise für Sammler

Ein SK 1 oder SK 2 gehört, ebenso wie der "Schneewittchensarg ", in jede Sammlung. Die schönsten Stücke sind die späteren Modelle SK 2/2 oder SK 25, mit dem kleinen Braun-Zeichen, in den Farben graphit und hellgrau.

 

Gut erhaltene Exemplare sind immer noch zu vertretbaren Preisen bis ca. DM 200,-- zu bekommen.

 

Die SK-Reihe

Äußerlich sind die Geräte lediglich durch die Farbgebung und die Skalenausführungen zu unterscheiden. Die wesentlichen Merkmale sind:

 

SK 1, nur UKW

Die Sendereinstellung wird durch einen roten Punkt auf der Wählscheibe markiert. Die Skala trägt ein großes Braun-Zeichen und ist zur Hälfte mit einem Farbton unterlegt. Beide Einstellknöpfe sind ohne Markierung. Links: Ein/Aus/Lautstärke; rechts: Tonblende.

 

SK 2 (1955) UKW und MW

Wählscheibe und Skalengestaltung wie SK 1, jedoch mit zusätzlichem Aufdruck für MW-Empfang. Linker Einstellknopf: Ein/Aus/Lautstärke; rechter Einstellknopf für UKW/MW mit zusätzlichem Steg. Die Tonblende befindet sich auf der Geräterückseite .

 

SK 3 UKW und LW

Ausführung wie SK 2, jedoch anderer Skalenaufdruck und teilweise bereits mit kleinem Braun-Zeichen und kleiner Lampe (Änderungen in der Serie).

 

SK 2 (1957) UKW und MW

Wählscheibe wie SK 1, mit rotem Punkt. Die Skala trägt ein kleines Braun-Zeichen, ist zur Hälfte mit einem Farbton unterlegt, und unter dem Braun-Zeichen befindet sich eine kleine Lampe als Betriebsanzeige. (Bezeichnung im Schaltplan: SK 2 b).

 

SK 2/2

Die Sendereinstellung erfolgt über einen Skalenanzeiger mit roter Linie, der durch ein Schneckengetriebe der Wählscheibe bewegt wird. Die Skala ist ganz in weiß und trägt ein kleines Braun-Zeichen. Unter dem Braun-Zeichen befindet sich ein kleiner Leuchtpunkt, welcher innen über eine Lampe angestrahlt wird, als Betriebsanzeige. Die Rückseitenabdeckung ist aus Kunststoff .

 

 

Quelle:
Staeffler, G.: Braun Kleinsuper SK 1, SK 2, SK 3, SK 2/2 und SK 25. In: Braun+Design 19, Hamburg Mai 1991, 4-14

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