Hartmut Jatzke-Wigand
 
Günter Staeffler: Braun Elektronenblitzgeräte. Künstliches Licht formschön verpackt.

Günter Staeffler

Braun Elektronenblitzgeräte. Künstliches Licht formschön verpackt.


Als 1952 das erste Braun Hobby Blitzgerät auf den Markt kam, begann für die Amateur- und Berufsfotografen ein neues Zeitalter. Erstmals stand jetzt das schnelle, helle Licht des Elektronenblitzes in kleinen, tragbaren Geräten zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung.

 

Seit jenem frühen Beginn blieb Braun lange Zeit führend in wesentlichen Entwicklungen bei Elektronenblitz-Geräten. Die Besonderheiten waren unter anderem die Miniaturisierung der Geräte, die Transistorisierung, die Verwendung gedruckter Schaltungen, die Verarbeitung von Kunststoffen mit hoher elektrischer Sicherheit und mechanischer Stabilität und vor allem auch die moderne Formgestaltung.

 

Das klare und konsequente Braun Blitzgeräte Design war ohne die enge verständnisvolle Zusammenarbeit zwischen Technik und Formgestaltung nicht denkbar. Diese Zusammenarbeit begann bereits in der Phase der ersten Überlegungen zur Konzeption eines neuen Gerätes oder einer neuen Gerätelinie. Die Möglichkeiten der Technik mussten in einem permanenten Wechselspiel mit den Gestaltungsanforderungen der Designer aufeinander abgestimmt werden. Die bei Braun geübte Praxis, schon im frühestmöglichen Stadium mit maßstabgetreuen und funktionsfähigen Modellen zu arbeiten, erleichterte die Zusammenarbeit zwischen Technik und Design und bot die Gewähr für die optimale Erfüllung der Anforderungen an das Produkt.

 

Harmonie in Form und Technik

 

Die Geschichte des Elektronenblitzes ist auch ein Teil Design-Geschichte des Hauses Braun. Obwohl das eigentliche Braun-Design erst 1955 begann, zeigte sich beim ersten Blitzgerät, dem 'Braun Hobby de Luxe' von 1952, bereits die logische Verknüpfung von leistungsstarker Technik mit bedienungsfreundlicher Form. Bei dem Gerät wurden schon Entwicklungen realisiert, die sich auch in den Braun Blitzgeräten der neuen Form ab 1958 wiederfinden: die unverlierbare Kameraschraube, die am Tragriemen oder am Gerät angebrachte Leitzahltabelle, das zusätzliche Stativgewinde und die Möglichkeit, die Kameraschiene mit einem Griff von dem Blitzstab trennen zu können. Typisch für das Braun Design ist auch die Umsetzung technischer Möglichkeiten in handliche, formschöne und bedienungsfreundliche Geräte.

 

Die Entwicklung der Braun Blitzgeräte kann nur in Zusammenhang mit der technischen Entwicklung und der Entwicklung im Kamerabau betrachtet werden. Begünstigt durch immer leistungsfähigere Bauelemente und eine fortschreitend miniaturisierte Elektronik wurde es erstmals Anfang der 60er Jahre möglich, Elektronenblitzgeräte in einteiliger Kompaktform zu entwickeln, die direkt auf den Kameraschuh aufgesteckt werden konnten. Ein Beispiel dafür ist der Blitz 'Braun Hobby F 20'. Dieser Vorteil überzeugte so sehr, dass die bis dahin zweiteiligen Blitzgeräte für den Amateurbereich in kurzer Zeit verdrängt wurden. Das technische Konzept, das mit der einteiligen Kompaktbauweise realisiert wurde, kam der allgemeinen Tendenz entgegen, das Fotografieren zu vereinfachen und es dadurch einem größeren Kreis von Amateuren zugänglich zu machen. Zugleich wurde es aufgrund moderner Technik möglich, einen hohen Standard der Elektronenblitzgeräte trotz kleiner Abmessungen zu halten.

 

Die Gestaltung der einteiligen Blitzgeräte war auch darauf ausgerichtet, dass sie sich bei der Befestigung auf der Kamera möglichst optimal und störungsfrei in das Kamerabild einfügen. Eine Forderung war, dass die Bedienungselemente der Kamera auch bei aufgestecktem Blitzlicht noch gut zugänglich bleiben.

 

Die Tendenz der Miniaturisierung führte zu glattflächigen und taschenfreundlichen Formen. Dem Transport und der Unterbringung der Blitzgeräte wurde ebensoviel Bedeutung beigemessen wie dem eigentlichen Einsatz auf der Kamera. Diese Entwicklung fand ihren Höhepunkt 1970 mit der Reihe 'Braun Hobby F 111, F 240 LS und F 410 LS'.

 

Bei den Blitzgeräten 'Hobby Standard EF 1', 'Hobby F 30/60', und 'Hobby F 20/22' ist eine hohe Form-, Farb- und Material-Identität mit den etwa zeitgleich entstandenen Taschenempfängern
'T 3, T 4' und den Phono-Transistor-Geräten 'TP 1/ TP 2' zu erkennen. Dieter Rams hatte hier in Zusammenarbeit mit den Technikern Lösungen und Formen gefunden, die für die gegebenen Aufgabenbereiche optimal waren und die deutlich die Braun-Identität charakterisierten.

 

Die neue Elektronenblitz-Generation

 

1972 brachte die Vario-Computer-Technik die Voraussetzungen ein neues formales Konzept für Blitzgeräte zu realisieren. Die elektronischen Bauteile des 'Braun Vario Computer' benötigten mehr Platz. Seine speziellen Vorzüge zeigten sich außerdem erst in einem Gerät höherer Lichtleistung. Daraus resultierte ein größeres Volumen, mit dem die traditionelle Form überfordert wurde. Da der Computer die Restenergie speichern konnte erschien es sinnvoll, das Gerät auf verschiedene Arbeitsbereiche umzustellen. Hinzu kam der Wunsch nach einem schwenkbaren Reflektor für indirektes Blitzen. Damit war der Schwenkreflektor für Amateurblitzgeräte geboren.

 

Mit einer querliegenden Lampe in walzenartiger Form ließ sich die Schwenkbarkeit realisieren. Außerdem ragte die Lampe in keiner Schwenkstellung aus dem Gehäuse heraus. Um die Funktion des 'Schwenkens' auch visuell deutlich zu machen, wurde bewusst eine optische Trennung zwischen dem Gehäuse und dem Reflektor angestrebt, die außerdem das Gerät kleiner erscheinen ließ. Das neuartige der gefundenen Lösung bestand darin, dass erstmals die Achse des Reflektors quer zur Längsachse des Gehäuses angeordnet wurde und zugleich eine einheitliche Gerätebreite eingehalten werden konnte. Visuell wurde die Drehbarkeit des Reflektors durch die geriffelten Griffelemente angezeigt und betont. Die Größe und das Gewicht des Ladegerätes führten zu der Überlegung, dieses nicht als Stecker für die Steckdose, sondern in das Gerät zu integrieren. Das erste Blitzgerät dieser neuen Generation war der ' Braun 2000 VarioComputer F 022'.

 

Die radikale Abkehr vom bisher gewohnten Erscheinungsbild der Blitzgeräte hatte sowohl technische als auch formale Gründe. Ein erwünschtes Ergebnis der neuen Produktgestaltung war, dass ein sehr wichtiger, aber schwierig zu erklärender technischer Fortschritt auch visuell vermittelt werden konnte.

 

Der Schwerpunkt bei der Entwicklung der neuen Geräte lag vor allem in der Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten und in der Verbesserung des Bedienungskomforts. Ausstattungsmerkmale wie Varioreflektor mit integrierter Streuscheibe zur Weitwinkelausleuchtung, kabellose Fernbedienung durch eine Fotozelle und Anschluss für eine externe Schalt- und Steuerzentrale folgten, da sie im Profi-Bereich bereits schon realisiert waren.

 

Um die erweiterten Anwendungsmöglichkeiten der Blitzgeräte sinnvoll nutzen zu können, musste die Leistung erheblich gesteigert werden. Gleichzeitig wurden zusätzliche, neue Funktionen aufgenommen, so dass zwangsläufig auch die Abmessungen der Geräte verändert werden mussten. Die Überlegungen führten schließlich zu Stabblitzgeräten, die auf der photokina 1976 vorgestellt wurden.

 

Die Stabblitzgeräte wurden in den Folgejahren ständig weiterentwickelt und mit neuester Technologie ausgestattet. Die Stabgeräte, die zugleich als ergonomisch richtiger Haltegriff für die Kamera ausgebildet waren, wurden über einen neuentwickelten Schnellverschluss zur Kameraschiene mit der Kamera verbunden. Der Griffquerschnitt wurde von ergonomischen Gesichtspunkten bestimmt und musste auch die technischen Bauteile sinnvoll aufnehmen. Auf der Rückseite wurden alle Bedienungs- und Kontrollfunktionen zusammengefasst. Den Abschluss der Stabblitzgeräte-Baureihe bildete 1982 das Computer-Blitzgerät '400 M Logic' mit Multifunktionsrechner.

 

Alternativen zu entwickeln bedeutete für Braun nicht zwangsläufig, eine bewährte Lösung durch eine andere zu ersetzen. Die Kompaktbaureihe der Blitzgeräte stand gleichbedeutend neben der Stabbaureihe, um den unterschiedlichen Anforderungen an ein Elektronenblitzgerät Rechnung tragen zu können. So entstanden auch verschiedene weitere Blitzgeräte in der Kompaktbaureihe. Den Abschluss bildete die Serie der Ultrablitzgeräte die 1982 unter der Typenbezeichnung '28, 32 und 34 M' auf den Markt kamen.

 

Elektronenblitz-Geräte für den Profifotografen

 

Parallel zu den Amateur-Blitzgeräten entwickelte Braun eine Reihe von anspruchsvollen Blitzgeräten für den Berufsfotografen. Eine Besonderheit ist in diesem Bereich das für Fotofachateliers entwickelte 'Studioblitz-System F 1000', das1966 vorgestellt wurde. Grundbausteine des Systems waren kleine bewegliche, leistungsstarke Generatoreinheiten. Jeder Generator konnte bis zu vier Lampen speisen. Für größeren Lichtbedarf ließen sich beliebig viele Generatoreinheiten kombinieren. Das System bestand aus den Generatoren 'FG 1000 und FG 1010', den Fotoleuchten 'FL 1000 und FL 1010' sowie umfangreichem Zubehör wie Spot-Scheinwerfer, Folienhalter, Reflexschirm, Lichtwanne, Lampenstativ, Fußfernschalter und Hintergrund-Projektionsanlage. Es war mobil auch außerhalb des Ateliers einsetzbar. Bei der Gestaltung wurde neben formalen Gesichtspunkten ein besonderes Augenmerk auf den stabilen Aufbau, die elektrische Sicherheit und die mechanische Unempfindlichkeit gelegt.

 

Weitere Beispiele aus dem Profibereich sind das Elektronenblitzgerät 'Braun F 80 professional' von 1961 und das Blitzgerät 'Braun F 800 professional' von 1965. Beide waren ausbaufähige Blitzsysteme nach dem Baukastenprinzip. In Form geschlossener Bausteine wurden die Stromquellen (verschiedene Akkus oder Netzteil) mit dem eigentlichen Generatorteil zusammengesteckt und verriegelt. Dadurch konnte der Blitz für viele Spezialaufgaben eingesetzt werden. Weiterentwicklungen waren die Geräte 'Braun F 700 professional' von 1968 und 1974 'Braun F 900 professional'.

 

Ein einzigartiges Blitzgeräte-Programm

 

Gemeinsam mit neuen Technologien war das Design bei Braun immer bestimmender Faktor bei der Konzeption und Realisation neuer Geräte. Deshalb war das Braun Blitzgeräte-Programm auch über Jahrzehnte ziemlich einzigartig in seiner Form und Vielseitigkeit. Es umfasste vom Miniaturblitz bis zum Studiosystem Geräte für jede Anforderung sowohl beim Amateur als auch beim Berufsfotografen.

 

Bis 1982 entwickelte, fertigte und vertrieb Braun in eigener Regie Elektronenblitzgeräte. Unternehmensstrategische Gründe führten dazu, dass 1982 der gesamte Bereich Braun Film- und Fototechnik mit dem Elektronenblitzgeräte- und Kameraprogramm an die Robert Bosch GmbH, Geschäftsbereich Photokina überführt wurde. Im Jahr 1985 lief die Produktion der Geräte bei Braun aus.

Dieter Rams gestaltete das Amateur-Blitzgeräteprogramm von 1958 bis 1972. Die Profi-Blitzgeräte 'F 80 und F 800 professional' gestaltete Richard Fischer. Von 1972 bis zum Produktionsauslauf 1985 war Robert Oberheim für das Blitzgeräte-Design verantwortlich.

 

Hinweise für Sammler

 

Eine Auswahl aus dem vielfältigen Programm ist immer subjektiv. Besonders reizvoll sind die ersten Blitzgeräte, die auch Bestandteil einer Sammlung sein sollten. Dazu gehören zum Beispiel das erste Blitzgerät der neuen Form 'Hobby Standard EF 1', sowie 'Hobby F 60, Hobby F 20, Hobby F 100' und 'VarioComputer F 022'. Aus dem Profibereich sind es 'F 800 und F 900 professional ' und als Besonderheit das 'Studioblitz-System F 1000'.

 

Text und Gestaltung Günter Staeffler unter Verwendung von Unterlagen der Braun AG.

Fotos Braun AG und Jo Klatt.

 

 

Quelle:
Staeffler, G..: Braun Elektronenblitz-Geräte. Künstliches Licht formschön verpackt. In: Design+Design 44, Juni-August 1998, 3-9

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