Hartmut Jatzke-Wigand
 

Günter Staeffler

Braun Design by Reinhold Weiss, Teil 3


Im dritten Teil der Beitragsreihe stellen wir weitere von Reinhold Weiss gestaltete Geräte und entsprechende Design-Studien vor.

 

Aromatic Mahlwerk-Kaffeemühle KMM 1, 1964

 

(Entwurf 1963)

Material weißer Kunststoff, Acrylglas und eloxiertes Aluminium.

Höhe 19 cm, Breite 15 cm, Tiefe 8 cm.

Gewicht 1 kg.

Preis DM 59,--.

 

Bei der Entwicklung der KMM 1 stand Großmutters Mahlwerk-Kaffeemühle Pate. Entsprechend dem Bedienungsablauf, oben einfüllen, seitlich entnehmen, entstand eine geschlossene Form. Die zylindrische Rundung des Kaffeebohnenbehälters setzte sich beim Gehäuse fort und ging in den rechteckigen Mahlgutbehälter über. Durch die formschlüssige Einpassung des Auffangbehälters in das Gehäuse und den Kontrast des opaken Gehäuses gegenüber dem durchsichtigen Auffangbehälter wurde ersichtlich, daß es sich um eine herausnehmbare Schublade handelte. Der Schalterknopf war, ebenso wie beim HLD 2, für 'natürliche' Bedienung gestaltet. Der Schaltstatus war ohne Erklärung mit dem roten Referenzpunkt analog ablesbar. Dies klingt zwar heute trivial, war aber zu damaliger Zeit keine Selbstverständlichkeit. Der umlaufende schwarze Gummifuß gab dem Gerät nach unten hin einen definierten Abschluß und hob sich wohltuend gegenüber seiner Standfläche ab. Unter dem Gummifuß sind die Montageschrauben des Gehäusebodens versteckt.

 

Das Scheibenmahlwerk arbeitete wie ein kleiner Mühlstein. Neun Feinheitsgrade, von körnig bis mocca-fein, konnten über die Skale auf der Gehäuseoberseite eingestellt werden. Durch den gekapselten Motor und die asymmetrische Einteilung der Auswurfrippen wurde ein geräuscharmer Lauf erzielt.

 

Es gab Ausführungen der KMM 1 mit einem grünen und einem roten Einschaltknopf. Bei den späteren Braun Kaffeemühlen KMM 10/20/30 wurde die Form der KMM 1 übernommen. Durch die größer dimensionierten Behälter ging bei diesen Geräten etwas von der ursprünglichen kompakten Form verloren.

 

Aromatic Schlagwerk-Kaffeemühle KSM1, 1967

 

(Entwurf 1965)

Material Kunststoff bzw. Edelstahl und Acrylglas.

Höhe 16,5 cm, Durchmesser 8,5 cm.

Gewicht 0,68 kg.

Preise KSM 1 DM 24,50, KSM 11 DM 27,50.

 

Der glatte zylindrische Körper der KSM 1 verjüngte sich nach oben und unten und endete in leichten Radien. Acrylglasdeckel, Mittelund Unterteil standen in einem ausgewogenen Verhältnis und verliehen der KSM 1 Eleganz. Bedienungsknopf, Braun Logo und weißer beziehungsweise farbiger Punkt auf dem Deckel bildeten eine Bezugslinie. Keines der Nachfolgegeräte war in der Gesamtform so ausgewogen gestaltet.

 

Die Kaffeemühle hatte einen untenliegenden Schwerpunkt, war leicht zu umfassen und sicher zu bedienen. Die Rippen im Deckel wendeten das Mahlgut laufend um, dadurch wurde es ohne Erwärmung gleichmäßig zerkleinert. Es gab die KSM 1 mit Kunststoffgehäuse in weiß, gelb, orange und grün sowie die KSM 11 als Luxusausführung mit schwarzem Unterteil und Oberteil in gebürsteten Edelstahl.

 

Reinhold Weiss hatte nur die weiße und schwarze Ausführung für die Produktion vorgesehen.

 

Tischfeuerzeug permanent TFG 1, 1966

 

(Entwurf 1965)

Material veredeltes Metall, Kunststoff und Leder.

Höhe 7,5 cm, Breite 10,4 cm, Tiefe 3,3 cm.

Preise von DM 88,-- bis DM198,--.

 

Die Arbeitsgruppe 'Neue Produkte' entwickelte 1966 mit dem TFG 1 ein elektromagnetisch zündendes Gas-Tischfeuerzeug. Technisches Kernstück war ein zu damaliger Zeit neuartiges, verschleißfestes Magnetsystem. Beim Herunterdrücken der seitlichen Taste wurde mechanische Energie in einen elektrischen Funken umgewandelt der das ausströmende Gas entzündete. Eine Lösung mit Drucktaste wie beim Cylindric TFG 2 war zur Zeit des Entwurfes des TFG 1 mechanisch noch nicht realisierbar.

 

Von einem ganz unterschiedlichen Gestaltungsansatz ausgehend, gelangte Reinhold Weiss beim TFG 1 zu einer dem Toaster HT 1 ähnelnden Form. Eine Konsequenz der gleichen Funktions- und Bedienungsabläufe: seitlich bedienen, oben entnehmen. Nicht von ungefähr erhielt das TFG 1 die Bezeichnung 'Toaster'. Die klare rechteckige Form wurde von einem Metallrahmen in Ausführungen von matt verchromt bis platinveredelt umschlossen. Materialien mit unterschiedlichen Strukturen bildeten die Seitenflächen.

 

Das TFG 1 folgte überzeugend der Braun Philosophie: Design soll die Gebrauchsvorteile verdeutlichen und übereinstimmen mit dem technischen Konzept und der Qualität des Produktes. Das heißt 'Gutes Design' ist mehr als 'Gute Form'.

 

Handrührer Multiquirl M 140, 1968

 

(Entwurf 1965)

Material weißer Kunststoff und verchromtes Metall.

Länge 17,5 cm, Breite 8,2 cm, Höhe ohne

Werkzeuge 12,6 cm.

Gewicht 1,15 kg.

Preise Handrührer DM 59,--, Vorsatzgerät mit Schnitzelwerk DM 34,50, Zitruspresse DM 20,--.

 

Das glatte, weiße rundum geschlossene Gehäuse des Rührgerätes war funktionsgerecht gestaltet, gewichtsmäßig gut ausbalanciert und leicht sauber zu halten. Neuartig am Design war die Griffgestaltung. Erstmals wurde die Form des Handgriffes eines Haushaltsgerätes nach physiologischen Kriterien bestimmt. Mit der Abkehr von einem zylindrischen zu einem handgerecht geformten Griff erreichte Reinhold Weiss zusätzlich eine den Braun Geräten typische optisch geometrische Strenge. In der Grifföffnung befand sich eine Mulde für den Zeigefinger. Der Schiebeschalter mit Momentschalter und zwei Schaltstufen ließ sich mit leichtem Daumendruck während des Betriebes bedienen, ebenso die Auswurftaste für die Arretierung der Einsätze.

 

Neben den Rührbesen, den Knetwedeln und dem Passierstab stand ein Turbomesser zur Verfügung.

 

Durch ein einfaches Stecksystem konnte das Handrührgerät für zusätzliche Funktionen erweitert werden. Über einen Vorsatz entstand eine kleine Küchenmaschine mit Schnitzelwerk und Zitruspresse. Diese Zusatzgeräte gestaltete Dieter Rams.

 

Die folgende Aufstellung nennt weitere Braun Geräte die Reinhold Weiss gestaltete bzw. an deren Gestaltung er maßgeblich mitwirkte. Die Jahreszahlen nennen den jeweiligen Produktionsbeginn, die Zahlen in Klammern das Jahr des Re-Design bzw. der Durchgestaltung eines Vorentwurfes und/oder des Konzeptes. Einige dieser Geräte werden in zukünftigen Ausgaben von 'Design+Design' noch vorstellt.

 

Handrührer Multiquirl M12/121, 1963, Design G. A. Müller (1960) und R. Weiss (1962)       Bestrahlungsgerät Cosmolux HUV 1, 1964, Design D. Rams (1962), R. Weiss (1963) und D. Lubs.

Elektropfanne Multitherm HMT 1, 1964, Design R. Weiss (1963) und D. Lubs.

Citruspresse MPZ 1, 1965, Design R. Oberheim (1964) und R. Weiss (1963).

Heizlüfter H 7, 1967, Design R. Weiss (1965) und D. Rams (1966).

Kopfhörer KH 1000, 1967, Design R. Weiss (1965).

Akku-Taschenlampe manulux NC, 1970, Design R. Weiss (1965) und D. Rams (1969).

Tischlüfter HL 70, 1971.

Haartrockner HLD 5/50/51/58/80, 1972/75, Design R. Weiss (1963) und J. Greubel (1971 und 1974).       Mahlwerk-Kaffeemühle KMM 10/20, 1975, Design R. Weiss (1964) und H. Kahlcke (1974 und 1978). Akku-Elektrozahnbürste zb 1/d 1,1978, Design R. Oberheim (1977) und R. Weiss (1964). Hairstyling-Set SDE 850, 1978, Design R. Weiss (1963), J. Greubel und H. U. Haase (1977).

Hairstyling-Set SD 800, 1978, Design R.Weiss (1963) und J. Greubel (1977).

 

Barbara Mundt schrieb in dem Buch 'Produkt- Design 1900—1990' über Braun Produkte: „Aus der Entwicklung von Körperpflege- und Haushaltsgeräten in den 60er Jahren ragen durch Ungewöhnlichkeit und Noblesse des Designs Geräte von Reinhold Weiss heraus." Mit diesem Zitat schließt der mehrteilige Beitrag 'Braun Design by Reinhold Weiss'. Design R.Weiss (1960) und J. Greubel (1970).

 

 

Quelle:
Staeffler, G.: Braun Design by Reinhold Weiss Teil 3. In: Design+Design 51, Hamburg März-Juni 2000, 11-15

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