Hartmut Jatzke-Wigand
 

Günter Staeffler

Braun Fernsehgeräte. Vom FS 1 bis zum TV 3.


Über 30 Jahre waren Fernsehgeräte Bestandteil des Angebotes der Braun Unterhaltungselektronik. Die Geräteentwickler haben in dieser Zeit stets erfolgreich den jeweiligen Spitzenstand der Technik genutzt.

 

Bereits 1955, noch vor der durchgängigen Realisation des neuen Gestaltungskonzeptes fertigte Braun den FS 1 und FS 2, ausgestattet mit einem glatten, kubischen Gehäuse in lackiertem Nussbaum oder Rüster. Der FS1 mit 43-er Bildröhre kostete DM 745. Der formal identische, aber größere FS 2 hatte eine 53-er Bildröhre und konnte mit anschraubbaren Holzbeinen auch frei aufgestellt werden.

 

Die Fernseher FS 2/12 und FS 2/13 von 1956 waren technische Weiterentwicklungen des FS 2.

 

1954 begann mit der Begegnung zwischen Erwin Braun und Hans Gugelot eine für die Design-Geschichte beispielgebende Zusammenarbeit mit revolutionärer Auswirkung auf die bis dahin tradierte Form der Radio-, Phono- und Fernsehgeräte.

 

Gugelot betrachtete bei seinen Entwicklungen das Radiogerät nicht mehr isoliert neben Plattenspieler und Fernsehgerät, sondern sah diese drei Informationsobjekte als Einheit. Die Geräte wurden in ein System eingebunden und zwar als kombinierbare Bauteile. Dieses konstruktiv und formal neue Konzept wurde typisch für die Geräte Tischsuper G 11, Plattenspieler G 12 und Fernsehgerät FS-G, die in den Maßen aufeinander abgestimmt waren. So konnten sie in horizontaler Reihung oder in vertikaler Stapelung kombiniert werden.

 

Das von Hans Gugelot gestaltete Fernsehgerät FS-G gilt inzwischen als Design-Ikone. Braun wagte jedoch noch nicht die Umstellung der Produktion der technischen Elemente der Geräte. Für ein vorhandenes Chassis und die vorhandene Anordnung im Inneren musste eine neue Hülle gestaltet werden.

 

Mittelpunkt des Fernsehgerätes war die Bildröhre. Die Bedienungselemente wurden in einem schmalen zurückgesetzten dunklen Streifen unten platziert, um nicht vom Bild abzulenken. Es gab die Ausführungen in Ahorn und Rüster mit matter Oberfläche und zusätzlichem Holzuntergestell. Die Technik mit der 43-er Bildröhre stammte von Telefunken. Ohne Untergestell kostete der FS-G DM 775, mit Untergestell DM 825.

 

Parallel zum Kontakt mit der HfG Ulm suchten die Brüder Artur und Erwin Braun nach weiteren Partnern aus dem Bereich Architekur und Design. Herbert Hirche, einer der letzten Absolventen des Bauhauses in Dessau, zählte zu diesem Personenkreis. Er hat im Sinne der Bauhaus-Ideoliogie vom 'funktionalen Wohnen' für Braun eine Vielzahl von 'Tonmöbeln' mit Rundfunkgeräten, Plattenspielern und Fernsehgeräten gestaltet.

 

Das erste Hirche-Gerät war der Musik- und Fernsehschrank HFK, eine Kombination von Fernsehteil mit 53-er Bildröhre (wie FS 2), einem Rundfunkteil, bestehend aus dem Super TS 2 und einem 3-Touren-Plattenspieler. Die glatten, flächigen Holzfronten in Nussbaum oder Rüster bestimmten den Korpus des Tonmöbels. Eine mittig geführte Schwenktür konnte nach Bedarf den Phono- oder Fernsehteil freigeben. Hinter den unten angeordneten, über die gesamte Gerätebreite reichenden senkrechten Schlitzen waren insgesamt vier Lautsprecher untergebracht. Der Preis für den kompletten Schrank DM 2100.

 

Der Fernsehschrank HFS 1 von 1957 war verschliessbar. Das Holzgehäuse stand auf einem Stahlrohrgestell. Die zwei Türen konnten seitlich umgeklappt werden. Das Fernsehgerät mit einer verkürzten 53-er Bildröhre war ohne Tubus nur 43 cm tief und hatte unten ein groß bemessenes Lautsprecherteil. Im geschlossenen Zustand war der Fernseher ein unauffälliger, 102 cm hoher Schrank. Sein damaliger Preis DM 1300. Der HFS 2 hatte eine veränderte Technik und gefälligere Bedienungsknöpfe.

 

Eines der richtungweisenden Braun Produkte ist das Fernsehgerät HF 1 von Herbert Hirche. Gemeinsam mit dem FS-G von Hans Gugelot nimmt es in der Design-Entwicklung von Fernsehgeräten einen besonderen Stellenwert ein.

 

Die Form und Ausführung des HF 1 eilte dem Zeitgeschehen der 50-er Jahre weit voraus. Es war das erste Fernsehgerät ohne sichtbare Holzwerkstoffe mit einer hellgrau beschichteten Kunststoff-Frontplatte. Die Gestaltung war konsequent symmetrisch. Links und rechts unten angeordnete Lautsprecherschlitze, die mittige Einschalttaste und das darunterstehende Markenzeichen Braun standen wohlproportioniert zum Bildschirm. Die Einschalttaste war das einzig sichtbare Bedienungselement. Das dunkelgrau lackierte Holzgehäuse mit einer runden Lautsprecheröffnung an der linken Seitenwand bildete mit der hellgrauen Frontplatte eine angenehme Farbharmonie, die das Gerät optisch kleiner erscheinen lies. In Verbindung mit dem anthrazit lackierten Stahluntergestell wirkte der HF 1 leicht und elegant.

 

Die Bedienungselemente waren unter einer Klappe in der Gehäuseoberseite untergebracht. Eine Anordnung, die sich erst bei späteren Fernsehgerätegenerationen wiederfindet. Die 43-er Bildröhre und die Technik stammten von Telefunken. 1958 kostete der HF 1 mit Untergestell DM 840.

 

In 'Braun+Design', Ausgabe 16 wurde im Beitrag 'Braun und Herbert Hirche' der HF 1 ausführlich vorgestellt.

 

Die Geräte FS 3, 4, 5 und 51, mit 53-er und 59-er Bildröhre orientierten sich an den früheren Braun Fernsehgeräten. Die helle Kunststoffmaske des Bildschirmes und das weiße Bedienungspanel mit asymmetrischer Anordnung der Tasten und Knöpfe verliehen den Geräten jedoch ein eleganteres Aussehen. Unterstützt wurde diese Wirkung noch durch das anthrazitfarbene Stahlrohruntergestell. Design Herbert Hirche.

 

Der FS 6 von 1963 hatte eine asymmetrisch angeordnete, implosionssichere, stahlmantelgeschützte Großbildröhre. Bedienungselemente und Lautsprecher waren vorne rechts positioniert. Das Gerät passte in den Abmessungen in eine String-Regalwand. Der grosse 59-er Bildschirm erhielt eine die gesamte Front abdeckende Kunststoffblende. Die querliegenden Lautsprecherschlitze, das Braun Markenzeichen, die Bedienungselemente und die zurückhaltende Beschriftung standen zueinander in einem augenfälligen Raster und verliehen der Frontansicht ein harmonisches Gesamtbild.

 

Den FS 6 gab als Tischgerät mit Gehäuseausführungen in Nussbaum, Rüster oder Teak und mit zusätzlichem Stahlrohruntergestell. Er kostete DM1200. Design Herbert Hirche.

 

Das 1964 angebotene Nachfolgegerät FS 60 war in Ausführung und Farbgestaltung identisch mit dem FS 6 von Herbert Hirche. Formale Veränderungen erfolgten lediglich beim Bedienungspanel durch Dieter Rams.

 

1964 gestaltete Dieter Rams mit dem Standgerät FS 80 den zu seiner Zeit ästhetisch anspruchsvollsten Fernseher.

 

Drehbar auf einem Fußgestell gelagert konnte er frei im Raum aufgestellt und auf jeden gewünschten Blickwinkel ausgerichtet werden. Das Holzgehäuse war mit hellgrauem Kunststoff beschichtet. Der grosse schwarz gerahmte Bildschirm stand vorne über. Alle Bedienungselemente waren vorne unten anaxial in einer eloxierten Leichtmetallblende positioniert. Für die Wahl der Kanäle lagen sechs Drucktasten nebeneinander. Mit ihnen konnte die Senderwahl nach Belieben im VHF- oder UHF-Bereich eingestellt werden; dabei kennzeichneten Farbmarken die einzelnen Bänder. Die glatte Rückwand bestand aus grauem Kunststoff. Ein eloxiertes Leichtmetallrohr mit einem schwarz beschichteten Dreibein-Fußgestell verlieh dem FS 80 Eleganz. Er kostete DM 1590.

 

Bei der Entwicklung des FS 600 lag der Systemgedanke der Audio-Geräte zugrunde. Die Abmessungen und die Farbgestaltung waren entsprechend darauf abgestimmt. Es gab eine Ausführung in hellgrau und ein Gehäuse in Nussbaum mit Frontplatte in anthrazit. Das Untergestell entsprach dem der HiFi-Anlagen. Die senkrechte Trennfuge zwischen Bildschirm und Bedienungsteil verkleinerte optisch die Frontfläche. Das Gesamtbild hatte ein hohe Affinität mit dem FS 80. Der Preis DM 998. Design Dieter Rams.

 

Der FS 1000 war 1967 das erste Farbfernsehgerät von Braun. Bei ihm lagen die gleichen Systemgedanken wie beim FS 600 zugrunde. Zur Reduzierung störender Reflexe wurde eine 63-er Bildröhre — sie zählte damals zu den 'großen' — mit satiniertem Bildschirm eingesetzt (Hersteller: Westinghouse). Das hellgraue Gerät kostete DM 2580. Der FS1010 war das sehr ähnlich aufgebaute Nachfolgemodell. Beide gestaltete Dieter Rams.

 

Nach über 15-jähriger Fernseh-Abstinenz bei Braun wurde 1985 auf der IFA Berlin zur Freude aller Besitzer von Atelier-Anlagen der TV 3 vorgestellt. Es war ein Multifunktionsgerät für alle in Deutschland empfangbaren Fernsehnormen mit einer 70-er Rechteckbildröhre und Technik von Thomson-Brandt.

 

Die formale Lösung fügte sich in ihrem geometrischen Ansatz vorbildlich in die Atelier-Serie ein. Er war frei im Raum aufstellbar, das Gehäuseoberteil und damit der Bildschirm konnte in mehreren Stufen gekippt werden. Die Bedienung erfolgte über den Infrarotgeber RC 1. Der TV 3 hatte keine eigenen Lautsprecher. Es gab dazu den flachen LTV oder den Subwofer SW 2 als Unterbau und die Möglichkeit der Integration in die HiFi-Anlage. Ein weiteres in Form und Funktion interessantes Zubehör war das Rollboard RB 1. Der TV 3 kostete in schwarz DM 3000 und in kristallgrau DM 3100. Es waren die letzten Fernsehgeräte der Braun Ära. Design Peter Hartwein unter Leitung von Dieter Rams.

 

Hinweise für Sammler

Fernsehgeräte nehmen als Sammelobjekte, wenn sie nicht wie der TV 3 noch in Gebrauch sind, viel Platz in Anspruch. Als Design-Ikonen gelten der FS-G in Verbindung mit dem G 11 und G 12, der HF 1 und der FS 80. Interessant sind auch der FS 5/6 und der FS 600.

 

 

Quelle:
Staeffler, G.: Braun Fernsehgeräte. Vom FS 1 bis zum TV 3. In: Design+Design 56, Hamburg März-Juni 2001, 5-11

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