Hartmut Jatzke-Wigand
 

Guenter Staeffler

Die Kofferplattenspieler von Braun.


Fast alle Haushalte verfügten Ende der 50-er Jahre über ein Rundfunkgerät. Schallplattenspieler waren jedoch noch nicht allgemeiner Standard. Um bei Besuchen, bei Freunden und bei kleineren Veranstaltungen die aktuellen Schallplatten abspielen zu können brachte man gegebenenfalls einen transportablen Plattenspieler mit.

 

Auch Braun fertigte in Ergänzung seines anspruchsvollen Phonoprogrammes im Zeitraum von 1957 bis ca. 1966 Phonokoffer, die allerdings durch ihre strenge, kubische Form etwas anders aussahen als die dem damaligen Zeitgeist entsprechenden Geräte anderer Hersteller.

 

PC 3 Phonokoffer (1957)

 

Der erste transportable Phonokoffer ist mit dem Plattenspieler PC 3 ausgestattet, der auch in der Phonokombination SK 4, im Atelier 1 und im Studio 1 verwendet wurde. Der viertourige Plattenspieler hat ein Kristall- Tonabnehmersystem mit umschaltbarem Doppelsaphir, einem Plattenteller mit 5 Auflagenoppen und versenkbarem Mittelstern.

 

Das damals neuartige Gerät ist so gestaltet, dass es mit hochgeklappten Deckel betrieben werden kann. Nimmt man den Deckel ab, so hat das Gerät nicht mehr den provisorischen Charakter eines Reisekoffers und kann somit auch als Standgerät genutzt werden. Der Deckel nimmt innen bis zu 10 Schallplatten (17 cm) auf. Für die Anschlußleitungen befindet sich an der Vorderseite ein Staufach. Das Holzgehäuse ist zweifarbig mit einem hell und dunkelgrauen, abwaschbaren Kunststoffgewebe überzogen. Die Abmessungen 330 x 140 x 260 mm. Der Preis DM 98.

 

Den Plattenspieler-Einsatz mit dem schlanken Tonarm hat Wilhelm Wagenfeld gestaltet. Das Design des Plattenkoffers ist von Dieter Rams.

 

PC 3 SV Phonokoffer, stereo-vorbereitet (1958)

 

Der Phonokoffer PC 3 SV ist äußerlich baugleich mit dem PC 3 Phonokoffer. Die Technik des Plattenspielers ist für Stereophonie vorbereitet. Dazu muss die drehbare Kristall-Tonkapsel (SK 451) gegen eine Stereo-Kapsel (STK 490) ausgetauscht werden. Das Design ist ebenfalls von Dieter Rams unter Verwendung des Wagenfeld Plattenspielereinsatzes.

Der Preis DM 110.

 

PCK 4 Stereo-Phonokoffer (1960)

 

Der PCK 4 gleicht konstruktive und formal dem Vorgängermodell PC 3. Der Plattenspieler mit dem viertourigen Laufwerk ist identisch mit den Geräten im Stereo-Plattenspieler PCS 4, im SK 61, im Atelier 11 Stereo und im Atelier 2 Stereo. Das Holzgehäuse ist ebenfalls mit einem hell- und dunkelgrauen Kunststoffgewebe überzogen. Der abnehmbare Deckel hat eine Haltevorrichtung für 17 cm-Schallplatten. Lediglich in den Abmessungen 330 x140 x 280 mm ist der PCK 4 etwas größer als der PC 3 Phonokoffer. Vom PCK 4 wurden nur ca. 1400 Exemplare hergestellt. Der Preis DM 139. Design Dieter Rams.

 

PCV 4 Stereo-Verstärker-Phonokoffer (1961)

 

Zur Funkausstellung 1961 in Berlin stellte Braun eine komplette, tragbare Stereoanlage für Schallplattenwiedergabe vor. Das sehr ästhetisch gestaltete, kompakte Koffergerät war ideal für die damalig beliebten Parties.

 

Zwei abnehmbare Deckelhälften bilden die Lautsprecherboxen mit einem erstaunlich vollen reinen Klang. Durch geeignete Aufstellung wird ein guter Stereoeindruck vermittelt. Der noch mit Röhren ausgestattete Stereo-Verstärker mit Höhenregler hat eine Ausgangsleistung von 2 x 2 Watt. Der Plattenspieler ist viertourig und hat einen Tonarm mit halbautomatischer Aufsetzhilfe. Plattenspielereinsatz und Platine des Gerätes sind hellgrau, die 2 Reglerknöpfe sind weiß. Das Gehäuse besteht aus Holz und ist mit einem graphitfarbenen Kunststoffgewebe überzogen. Die Abmessungen im geschlossenen Zustand 400 x 210 x 260 mm. Der Preis DM 368. Design Dieter Rams.

 

Die Phonokoffer bestätigen signifikant die These: Gutes Design ist auch die Summe aller gut gestalteten Details. Die in serieller Tischlerarbeit bei Vertragslieferanten gefertigten Gehäuse mußten mit einer ansehnlichen Oberfläche versehen werden. Für die Beschichtung wählte Dieter Rams bei Herstellern spezielle Kunststoffgewebe in einer damals nicht marktüblichen Struktur und Farbe aus. Die Beschläge in der kantigen, geradlinigen Form wurden extra für Braun modifiziert. Eine besondere Entwicklung ist auch der beim Zurückschieben flach aufliegende Ledergriff mit den Metallendstücken. Die gleiche Ausführung hat Dieter Rams auch beim Weltempfänger T 1000 CD verwendet.

 

Hinweise für Sammler

 

Als Ergänzung zum SK 2/22 ist einer der Phonokoffer PC 3 oder PCK 4 empfehlenswert. Der tragbare Stereo-Verstärker-Phonokoffer PCV 4 ist in gutem Zustand selten und eine Besonderheit für jede Sammlung.

 

 

Quelle:
Staeffler, G.: Die Kofferplattenspieler von Braun. In: Design+Design 64, Hamburg Juni-August 2003, 3-6

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