1972 erweiterte Braun das Programm der Haushaltsgeräte um Kaffeemaschinen. Das damals vorgestellte erste Modell "Aromaster KF 20" unterschied sich in Form und technischem Aufbau sehr deutlich von den marktüblichen Angeboten.
Braun Aromaster KF 20
Braun entwickelte ein geschlossenes Filtersystem, bei dem Wasser-Erhitzer und Filter direkt übereinander angeordnet waren. Diese senkrechte Bauform im sogenannten C-Prinzip entsprach der manuellen Kaffeezubereitung und gewährleistete optimalen Aromaschutz bei platzsparender und bedienungsfreundlicher Bauweise. Beim Design wurden folgende Gesichtspunkte realisiert:
klare, geschlossene Form, unterstützt durch die Farbgebung zur Heraushebung der einzelnen Funktionen, praktische und gebrauchsgerechte Form und ebensolche Materialien und Gestaltung, die das Gerät in seinen Gebrauchsumfeld integriert und zu seiner Benutzung anregt. Mit dem Design der ersten Kaffeemaschine wurde in der Braun-Gestaltungsabteilung Florian Seiffert beauftragt. Das Ergebnis: "die schönste Kaffeemaschine der Welt ", der Aromaster KF 20.
Mit relativ großem technischen Aufwand wurde ein Gerät entwickelt, das trotz des
höheren Preises viele Käufer und Liebhaber fand. Aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wirkt die KF 20 gleichermaßen harmonisch ausgewogen. Bei der weißen Version kontrastieren die Materialien Kunststoff und Glas, abgegrenzt bzw. unterteilt durch das Schwarz des Filters, des Kannendeckels und der Bodenplatte im besonderen Maße. Die matt eloxierten Metallrohre unterstreichen die zurückhaltende Eleganz. Die kleinsten Details, wie z.B. die Übergänge der ineinander führenden Rundungen und die Befestigungen der Metallrohre sind exakt durchgestaltet. Radien und Rundungen schaffen harmonische Bezugspunkte. Die exakt ausgebildeten senkrechten Belüftungsschlitze am Gehäuse erforderten zusätzlichen Aufwand bei der Fertigung der Kunststoffteile. Berechtigterweise wurde die KF 20 als begehrtes Accessoire bei Küchen- und Einrichtungsfotos der 70er Jahre verwendet.
Sie war die Kaffeemaschine schlechthin. Es gab kaum eine formal gelungenere Alternative. Die KF 20 wurde fünf Jahre produziert und in den Farben Weiß, Gelb, Orange, Rot, Dunkelrot und Oliv angeboten. Bei der Urversion hatte die Glaskanne noch einen geschlossenen Griff, der am unteren Rand durch ein Metallband gehalten wurde. Der Preis DM 139,--.
Braun Aromaster KF 21
Das technisch und in Details leicht veränderte Nachfolgemodell erhielt eine Temperaturregelung an der Warmhalteplatte und war abgesehen von technischen Veränderungen beim Heizkörper identisch mit der KF 20. Es gab die Farben Weiß, Gelb und Orange. Die Glaskanne hatte einen nach unten offenen Griff. Design: Florian Seiffert und Hartwig Kahlcke.
Das von Braun bei der KF 20 zu Grunde gelegte Konstruktionsprinzip der C-Form wurde nur bei einigen wenigen Modellen im Markt aufgenommen. Ein aktuelles Beispiel ist der Philips-Kaffeeautomat "Cafe Gourmet HD 5560". Ein ausgesprochen ästhetisch gestaltetes Gerät, das als eine gelungene Weiterentwicklung der KF 20 anzusehen ist.
Braun Aromat KF 30
Bereits beim Nachfolgemodell der KF 20/21, dem "Aromat KF 30", orientierte man sich bei Braun an dem bis dahin marktüblichen Konstruktionsprinzip der L-Form mit seitlich positioniertem Wasserbehälter. Die KF 30 war ein Kaffeeautomat für zwei bis acht Tassen mit Warmhalteplatte. Trotz der traditionellen Bauform ist es dem Designer Hartwig Kahlcke gelungen, ein eigenständiges Gerät zu gestalten. Die klare, glatte, ovale Form des seitlichen Wasserbehälters reduzierte das optische Volumen und ließ das Gerät gegenüber den Wettbewerbsmodellen kompakt erscheinen. Sehr überzeugend wirkte die Glaskanne mit angeformtem Glasgriff. Leider wurde nach kurzer Produktionszeit die Kanne geändert und mit einem Kunststoffgriff versehen, da es anfangs Probleme mit Spannungen im Glas gab, die allerdings technisch gelöst wurden. Man wollte aber kein weiteres Risiko eingehen und verzichtete auf die ästhetische Ganzglasversion. Die KF 30 gab es in den Farben Weiß und Gelb.
Braun Traditional 2 KF 35
Bereits 1978 wurde als Erweiterung die "KF 35" für 3 bis 12 Tassen angeboten. Eine technische Neuerung war die automatische Brühpause nach dem Vorbrühen. Man kam damit der manuellen Kaffeezubereitung nahe. Eine inzwischen selbst bei hochwertigen Kaffeeautomaten nicht geläufige Ausstattung. Der Aufbau des Gerätes entsprach der KF 30, lediglich der seitliche Wasserbehälter wurde vergrößert und erhielt dadurch einen störenden Absatz. Zwei Farben waren erhältlich, Weiß und Gelb. Die Glaskanne hatte auch bei der KF 35 ursprünglich enen angeformten Glasgriff, der später durch einen olivfarbenen Kunststoffgriff abgelöst wurde. Design: Hartwig Kahlcke. Der Preis DM 75,--.
Eine komplette Neuentwicklung mit marktprägendem Charakter präsentierte Braun 1984 mit der Produktserie KF 40. Die Beschreibung, die stellvertretend für das derzeitige Angebot steht, haben wir in Auszügen einem Vortrag von Prof. Dieter Rams entnommen. Der Text wurde auch in der Zeitschrift "form" 108/109 veröffentlicht:
"Für Kaffeemaschinen ist heute ein Aufbau in sogenannter L-Form nahezu verbindlich. Im waagerechten Teil, dem Boden des Gerätes, sitzt die Heizung: eine einzige, mit der doppelten Aufgabe der Erhitzung des Wassers und des Warmhaltens der Kanne. Senkrecht daneben der Wasserbehälter. Eingefügt in dieses "L" der Filter und die Kanne. Was schließlich daraus als neue Braun Kaffeemaschine entstand, hat - technisch gesehen - den bewährten L-Aufbau mit seitlich angeordnetem Wasserbehälter, wirkt aber formal als geschlossene, kompakte Säule. Erreicht wurde dies dadurch, dass der Tank als Semi-Zylinder angelegt ist und in den ein zweiter Zylinder, gebildet aus Filter, Kanne und Bodenplatte, bis zur Hälfte seines Durchmessers eingeschoben ist. Dass der Zwang zur Sparsamkeit im Aufwand einen Designer nicht lähmen muss, sondern anspornen kann, lässt sich auch an weiteren Details der Braun-Kaffeemaschine belegen.
Als Kunststoffmaterial für das Gehäuse wurde das kostengünstige Polypropylen gewählt. Wegen seines eigenwilligen Schwundverhaltens ist dieser Kunststoff schwierig zu beherrschen und nur mit erheblichen Toleranzen zu verarbeiten. Es besteht die Gefahr, dass Teile aus diesem Material "billig" im schlechten Sinne wirken. So würden sich beispielsweise auf der Fläche des Wassertanks die Ansatzstellen der innen liegenden Böden und die Versteifungsrippen als schwache Einkerbungen abzeichnen. Eine markante Riffelung überspielt diesen Effekt und ist darüber hinaus willkommenes Mittel, die relativ große Fläche strukturell zu gliedern.
Einer Vielzahl von Konstruktions- und Formdetails der neuen Kaffeemaschine erklärt sich aus dem Bestreben, die Bedienung des Gerätes so einfach wie möglich zu machen. Der Filter der Braun-Kaffeemaschine hängt schwenkbar und bei Bedarf abnehmbar am Gehäuse (Nebennutzen der umgreifenden Formgebung). Er kann mit einer Hand geöffnet oder geschlossen werden - wie übrigens auch der Deckel des Wasserbehälters. Formal nimmt der Griff der Glaskanne den Kreis als strukturelles Grundelement dieser Kaffeemaschine auf. Obwohl es auf den ersten Blick nicht unbedingt danach aussieht, ist diese Form mit dem innen liegenden zweiten Steg, der ihr für die haltende Hand "Körper" gibt, auch in ergonomischer Hinsicht optimal. Trotzdem materialsparend und damit produktionsgerecht.
Die Braun-Kaffeemaschine ist so konzipiert, dass sich daraus nach dem Baukastenprinzip, das heißt unter weitest gehender Verwendung der gleichen Bauteile mehrere Versionen mit unterschiedlichen Kapazitäten und Ausstattungen herstellen lassen. So unterscheiden sich zwei Varianten für 10 und 12 Tassen lediglich durch die Höhe des Wassertanks und des Glaskörpers der Kanne.
Eine Sonderstellung, auch in gestalterischer Hinsicht, hat das Modell, das - bei gleicher Grundform wie die normale 12-Tassen-Version - mit einer Warmhaltekanne ausgerüstet ist. Deren innerer Glasbehälter ist gegen die Aussenwände Wärme isoliert. Am Boden liegt das Glas jedoch frei. Dadurch hat es, solange sich die Kanne in der Maschine befindet, Kontakt mit der Warmhalteplatte. Wird die Kanne herausgenommen und auf den Tisch gestellt, bewirkt der heruntergezogene Außenrand, dass zwischen Glasboden und Stellfläche ein wärmeisolierendes Luftpolster eingeschlossen wird.
Die Kanne ist nach dem Filtern geschlossen. Der Kaffee läuft durch eine kleine Öffnung im Deckel, die so dimensioniert ist, dass der letzte einfließende Tropfen hängen bleibt und so der Inhalt aromadicht abschließt.
Insgesamt gesehen wurde mit der Modellreihe der Braun-Kaffeemaschine das gesetzte Design-Ziel erreicht. Zu beweisen war, dass dies durchaus auch unter den einschränkenden Bedingungen eines engen Kastenrahmens möglich ist."
Soweit Dieter Rams zu der neuen Kaffeemaschinen-Generation von Braun. Für das Design aller Geräte war Hartwig Kahlcke innerhalb der Braun Design-Abteilung verantwortlich. Die Typenvielfalt des Aromaster-Programms ist zusammengefasst in der Übersicht aufgezeigt. Wir geben zu dem aktuellen Angebot lediglich einige ergänzende Hinweise. 1988/89 wurde die Palette um die Aromaster compact 8 und 10 erweitert (siehe "Braun+ Design" Heft 11). Die bis 1989 erhältlichen Geräte KF 46 und KF 66 in Rot/Grau wurden auf Rot/Schwarz umgestellt. Als Aromaster combi 10 gibt es einen Kaffee-/Teeautomaten (siehe "Braun+Design" Heft 13). Bei den Kaffeeautomaten kann sich Braun zugutehalten, ähnlich wie bei vielen anderen Programmen durch vorbildliches Design den gesamten Markt beeinflusst zu haben. Inzwischen gibt es kaum einen Anbieter von Kaffeemaschinen, der sich nicht am Braun-Design orientiert hat. Viele Geräte sind dem Braun-Angebot zum Verwechseln ähnlich. Wer Braun-Design kennt, sieht jedoch den Unterschied.
Hinweise für Sammler
Der "Braun Aromaster KF 20" ist als Klassiker Standard in jeder Sammlung. Als formal schönes Gerät ist die "KF 30" in Weiß mit Glaskanne eine sinnvolle Ergänzung. Von den neuen Kaffeeautomaten sollte man eine schwarze Version oder das rot/graue Modell im Gebrauch haben.
Quelle:
Staeffler, G.: Braun Kaffeemaschinen
In: Braun+Design 16, Hamburg Mai 1990, 4-15