Hartmut Jatzke-Wigand
 

Dieter Rams

"Zu diesen Entwürfen stehe ich noch heute ... "


Im August 1995 konnte Prof. Dr. h.c. Dieter Rams auf seine vierzigjährige Tätigkeit für Braun zurückblicken. Innerhalb seines umfangreichen Schaffens besitzt Dieter Rams entscheidenden Anteil daran, daß aus den ersten Anfängen einer revolutionären Produktkultur das Braun Design zu einem umfassenden Wertesystem avancierte. Wir führten mit Dieter Rams ein längeres Gespräch über die für ihn wichtigsten Gestaltungen und Designpositionen (Abb. 1 ).

 

Hartmut Jatzke-Wigand:

Herr Rams, im Oktober feiern Sie ein Jubiläum - vierzig Jahre Tätigkeit für Braun ...

 

Dieter Rams:

... Ich würde es nicht Jubiläum nennen - außerdem werden natürlich sämtliche Kollegen, mit denen ich im laufe dieser vierzig Jahre zusammenarbeitete, gefeiert. Ich war nur derjenige, der Anstöße gab, der Verantwortung für Designentwicklungen übernahm und der versuchte, unsere Ideen halbwegs, ich betone halbwegs, in die Realität umzusetzen.

 

H. J.-W.:

Halbwegs? Ich denke Sie erreichten sehr viel! Uns interessiert: auf welche Produkte Ihrer langjährigen Designertätigkeit sind Sie besonders stolz, welche haben nach Ihrer Meinung heute noch Gültigkeit?

 

D. R.:

Natürlich ist jeder Designer auf sein erstes Produkt stolz. Bei mir war es der zusammen mit Hans Gugelot gestaltete SK 4 (Abb. 2). Hans Gugelot beabsichtigte unter anderem, den Deckel wie die untere U-Form des Gerätes aus Metall herauszuarbeiten, den unteren Teil also formal bei der Gestaltung des Deckels fortzuführen. Aber unsere Techniker protestierten, denn es entstanden Rückfrequenzen, außerdem klapperte der Blechdeckel. Zudem standen die Techniker 1956 diesem Design vollkommen fremd gegenüber. Sie konnten sich, obwohl sie hochkarätige Techniker waren, dieses Gerät einfach nicht in ihrer häuslichen Umgebung vorstellen. Hans Gugelot meinte, gut, dann lassen wir den Deckel eben weg ...

 

H. J.-W.:

... wie er es dann 1956/57 bei der Kombination studio 1 konsequent verwirklichte.

 

D. R. :

Ja, aber die Verantwortlichen bei Braun meinten, ein Plattenspieler müsse abdeckbar sein. Da kam ich auf die Idee, einen Deckel aus Plexiglas zu entwickeln ( Abb. 3). Hans Gugelot empfand ihn zuerst als modisch, dann meinte er, gut, so schlecht sei er auch nicht. Braun produzierte schließlich den SK 4 mit dem Plexiglasdeckel. Diese Lösung erwies sich als richtungsweisend - es gab ja in späteren Jahren weltweit kaum einen Plattenspieler ohne Plexiglasabdeckung. Es war der Anfang einer weltweiten Standardisierung und darauf bin ich schon etwas stolz.

 

H. J.-W.:

Warum verwendete Hans Gugelot bei dem SK 4 zwei Holzwangen? Dienten sie zur Verbesserung der akustischen Eigenschaften?

 

D. R.:

Nein, es war ein Beiwerk, um den Gebrauchern den Übergang vom Möbeldesign zu einem mehr technoid aufzufassendem Design zu erleichtern. Zum Geräteprogramm von Braun gehörte immer noch das Möbeldesign der Werkstätten Thun oder die von Herbert Hirche gestalteten Geräte. Bitte, nichts gegen Herbert Hirche, seine Geräte besaßen ein gutes, klares Design - aber ich tendierte mehr zur Technologie hin. Audiovisuelle Geräte sind nach meiner Meinung als technische Apparate zu begreifen - ihre formale Gestaltung muß dieser Auffassung entsprechen. Diese Grundauffassung in Realität umzusetzen, war das eigentliche Verdienst unserer Designabteilung - natürlich mit Unterstützung der Ulmer.

 

H. J.-W. :

Ich möchte chronologisch vorgehen. Nach dem SK 4 finde ich die Entwicklung des Taschenempfängers

T 4 in Verbindung mit dem P 1 herausragend, vor allem, weil Sie bei diesen Geräten die Idee einer multifunktionalen Nutzung umsetzten (Abb. 4).

 

D. R.:

Das stimmt. Die 1958 neuartige Transistortechnologie ermöglichte eine Miniaturisierung der Geräte. Wir versuchten, in enger Kooperation mit den Technikern, die Abmessungen der Transistorgeräte möglichst zu verringern, zugleich ein modernes Design zu realisieren.

 

H. J.-W.:

Warum wurden bei dem T 3, T 4 und dem T 41 für die Skalen verschiedene Designlösungen entwickelt (Abb. 5 u. 6)?

 

D. R. :

Die von Ihnen genannten Taschenempfänger kamen nacheinander auf den Markt, sie sind deshalb als eine Entwicklungsserie zu begreifen. Meine erste Überlegung lautete: wozu dienen die vielen Frequenzangaben, es ist doch nur eine Merkskala, um meinen Lieblingssender aufzufinden. Dagegen argumentierten die Techniker, es gäbe doch zwei Empfangsbereiche. So entschieden die Ulmer, bei dem T 3 die Frequenzen dieser Bereiche farblich auf einer kreisförmigen Skala zu differenzieren. Aber der Nutzer konnte den gewünschten Sender kaum auf der Skala finden. Ich kam dann bei dem T 4 auf meine Ursprungsidee zurück und konzipierte ihn mit einem kleinen Skalenfenster .

 

H. J.-W.:

Ich denke, Sie waren bei der Gestaltung dieser Transistorempfänger besonders gefordert . Die graphische Umsetzung der Frequenzangaben in eine gut lesbare Skala ist doch sehr schwierig zu realisieren .

 

D. R. :

Ja, das war unser Hauptproblem. Der T 41 besaß sogar drei Wellenbereiche - übrigens eine große Leistung unserer Techniker, sie in diesem kleinen Gerät mit einer zugleich guten Empfangsqualität unterzubringen. Ich entschied mich, das Rund der Lautsprecherdurchbrüche bei der Skalengestaltung aufzunehmen, dabei aber nur einen größeren Skalenausschnitt - dadurch wird die Ablesegenauigkeit verbessert - zu realisieren ... . Ich empfinde dieses Gerät als sehr gelungen, es wirkt formal sehr spannungsvoll.

 

H. J.-W.:

Mich fasziniert an diesen Geräten, daß sie zugleich Elemente eines Kleingeräteprogramms darstellen. Sie bedachten frühzeitig verschiedene Gebrauchsweisen mit ...

 

D. R.

... deshalb haben diese Geräte auch heute noch Bestand! Ich gestaltete zu diesen Geräten passende Lautsprecher, eine Uhr und den an die Transistorempfänger ankoppelbaren Plattenspieler P 1 (Abb. 7 u. 8 ). Auf ihm ließen sich 17 cm Schallplatten arretieren. Zusammen mit einer Halterung konnte die Kombination TP 1 auch während des Spielens umhergetragen werden - meiner Meinung nach war es somit der Vorläufer des Walkmans. Allerdings fehlte die Software. Es gab für eine kurze Zeit eine aufsteckbare 45 cm Schallplatte - aber eben nicht wie heute CDs oder Kassetten, die natürlich für dieses Geräteprogramm ideal gewesen wären.

 

H. J.-W.:

Mich verwundert, daß 1959 die Kombination TP 1 produziert wurde. Ihre Idee war so avantgardistisch und ein ökonomischer Erfolg doch sehr zweifelhaft.

 

D. R.:

Diese Produktion war nur möglich, weil Erwin Braun sie verantwortete. Geschäftlich waren diese Geräte, überhaupt die audiovisuellen Geräte, nie ein Erfolg. Rasierer, Haushalts- und Blitzgeräte - in diesen Sparten verdiente die Braun AG. Schon 1955 bestand die Frage, ob die Sparte Rundfunkgeräte aus dem Programm zu streichen sei, oder ob wir vom Design her einen anderen Weg einschlagen sollten. Erwin Braun entschied mit Unterstützung von Fritz Eichler und Hans Gugelot, audiovisuelle Geräte für Menschen zu produzieren, die sich z.B. an den Produkten der Firmen Knoll, Miller oder WK orientierten. Es wurden Geräte benötigt, die modern eingestellte Menschen nicht verstecken mußten. Wir produzierten bei Braun dann weiterhin audiovisuelle Geräte mit einem modernen Design, die aber ökonomisch nicht erfolgreich waren. Sie bewirkten aber mit dem verbundenen Imagetransfer eine phantastische Werbung. Erwin Braun traf 1955 eine äußerst kluge Entscheidung, die heute noch für den geschäftlichen Erfolg der Braun AG nachwirkt.

 

H. J.-W.:

Sie sprachen bei unserem letzten Interview die Qualität des Weltempfängers T 1000 an. War der T 1000 ein geschäftlicher Erfolg (Abb. 9)? 7).

 

D. R.:

Auch er nicht, obwohl wir fast 25.000 Geräte verkauften. Wissen Sie, richtig zufrieden ist man als Designer nur bei dem Entwurf von Gegenständen, wie z.B. einer elektrischen Zahnbürste, also Gegenstände, die bei sehr vielen Menschen täglich den Beweis erbringen, daß sie sehr gut zu benutzen sind.

 

H. J.-W.:

Dieses Kriterium ist für mich sehr gut nachvollziehbar. Für mich bedeutet der T 1000 den Einstieg in die Welt des Designs. Ein Fernsehtechnikerlehrling sitzt 1965 vor einem Gerät mit einer bis dahin unübertroffenen Leistungsfähigkeit und beeindruckenden Details, wie z.B . dem eleganten Bandbreitenumschalter ...

 

D. R.:

... das war eine sehr schwierige Designaufgabe. Auf diese Detaillösung bin ich, wenn Sie so wollen, stolz. Der Schalter sollte den Trommeltuner fest rastend schalten und zugleich einklappbar sein (Abb. 10) . Ich fand erst nach vielen Entwurfsskizzen eine brauchbare Lösung (Abb. 11).  Den T 1000 benutze ich noch heute und er war für die Braun AG ein großer Imageerfolg.

 

H. J.-W.:

Gut finde ich, daß Sie bei dem T 1000 ansatzweise das wichtige Designziel der Selbsterklärungsqualität eines Produktes herausgearbeitet haben.

 

D. R.:

Ich habe immer bei den von mir gestalteten Produkten Wert auf eine möglichst weitgehende Selbsterklärung der Funktion gelegt. So z.B. der rote Punkt am Drehknopf der Sendereinstellung, die rote FM-Drucktaste und dementsprechend die rote Skalenbezeichnung für FM bei dem T 1 000. Der Gebrauch wird so visuell erklärt. Es ist auch heute noch ein großes Problem, äußerlich ein Gerät so zu gestalten, daß der Nutzer die einzelnen Bedienungsmöglichkeiten versteht. Das ist eine große Herausforderung für die Designer. Es existieren weltweit nur wenige Firmen, ich denke an Siemens , Nokia, Sony oder Philips, die die technischen Voraussetzungen und das Potential besitzen, diese Entwicklungen durchzuführen und nicht nur den Deckmantel des Designs über ein Gerät zu stülpen. Wenn ich heute z.B. eine HiFi Anlage zu konzipieren hätte, dann müßte das Gerät anhand einer Benutzerführung mir vermitteln, was ich wo einzustellen habe .

 

H. J.-W.:

Dieses Ziel haben Sie na ch meiner Meinung bei dem T 1000 indirekt verwirklicht, weil der Schutzdeckel mit Innenfach die Bedienungsanleitung enthält ( Abb. 12).

 

 

D. R. :

Das war auf jeden Fall ein richtiger Ansatz. Bei dem Design eines Objekt es wird aber immer etwas übrig bleiben, das ungelöst ist. Und heute, bei den schnellen Produktzyklen, bleibt leider immer mehr übrig. Das ist auch eine Tatsache, die ich in der Ausbildung den Designstudenten vermitteln möchte. Wissen Sie, die Lehre, die Förderung von Nachwuchs, die ist mir sehr wichtig. Wir müssen uns heute mehr denn je damit beschäftigen, was wir eigentlich brauchen, wie die Gegenstände aussehen sollen und wie sie zu nutzen sind. Designer produzieren heute zu wenige Ideen - diese wären aber äußerst wichtig für die Bewältigung unserer gemeinsamen Zukunft.

 

H . J.-W.:

Wie stehen Sie zu der zur Zeit geführt en Diskussion über das Verhältnis von Design und Ökologie?

 

D. R.:

Diese Diskussion halte ich für sehr notwendig. Design bedeutet doch erheblich mehr, als nur ein Produkt mit anderem Aussehen zu entwickeln. Wir müssen mit den von uns gestalteten Gegenständen ein anderes kulturelles Verständnis schaffen und so zur Geschmacksbildung beitragen. Ich wünsche mir eine Welt von Gegenständlichkeiten, die klar, einfach und schlicht sind. Gegenständlichkeiten, die wir wirklich gebrauchen. Das bedeutet für den Designer Materialauswahl, die Art der Produktion und das Recycling mitzubedenken. Wir müssen zu den Dingen, die uns umgeben, deutlich Position beziehen.

 

H. J .-W.:

Danke für diese Aussagen! Ich möchte zu unserer Ausgangsfrage zurückkommen, auf welche Entwürfe sind Sie stolz, welche besitzen für Sie auch heute noch Gültigkeit?

 

D. R.:

Auf jeden Fall mein Tischfeuerzeug T 2, das benutze ich noch immer. Ich glaube, es kann kaum verbessert werden (Abb. 13). Alessi wollte es jetzt wieder produzieren - aber dieses Feuerzeug ist für eine erneute Produktion technologisch zu kompliziert aufgebaut.

 

H. J.-W. :

Wie gestaltete sich der Entwicklungsprozess bei diesem Feuerzeug?

 

D. R.:

Wir befaßten uns bei Braun ab 1965 intensiv mit dem Design und der Technologie von Feuerzeugen. Zuerst mit der Magnetzündung und dann mit der in Japan entwickelten Piezozündung. Ich wollte einen sehr angenehm an zufassenden Gegenstand - einen Handschmeichler - entwickeln.

 

H. J .-W.:

Dieses Feuerzeug repräsentiert für mich eine Synthese aus Technologie und Form .

 

D. R.:

Zweifellos ein guter Entwurf. Die Produktion des T 2 war sehr schwierig, so ist z.B. der Vorgang des Öffnens und des Schließens ein komplizierter Abstimmvorgang. Die Feuerzeuge waren kein Massengeschäft, deshalb stellte Braun ihre Produktion in den achtziger Jahren ein.

 

H. J.-W.:

Sie entwickelten bei dem T 2 verschiedene Ausführungen.

 

D. R.:

Ja, in chrom, schwarz mit einem Kunststoffgehäuse und einige Exemplare in silber.

 

H. J.-W.:

Richtungsweisend finde ich Ihr Feuerzeug energetic mit eingebauter Solarzelle (Abb. 14). Wie kamen Sie auf diese Idee?

 

D. R.:

Ausgangspunkt unserer Überlegungen waren die doch sehr einschneidenden Erfahrungen mit der Energiekrise. Wir wollten andere Formen der Energieerzeugung nutzbar machen - so war der Einsatz von Solarzellen naheliegend. Nur waren die damals erhältlichen Solarzellen technologisch noch nicht ausgereift und zusätzlich für den Einsatz in der Massenproduktion zu teuer. Wir entwickelten einige Prototypen, die nicht in den Handel kamen. Übrigens: ich gab nur den Anstoß für den Einbau der Solarzellen. Ich entwickelte das energetic Feuerzeug nicht alleine, sondern zusammen mit unseren Technikern und mit meinen Mitarbeitern in der Abteilung Produktgestaltung. Heute kann man als Designer kaum etwas alleine entwerfen. Man muß zusätzlich in der Lage sein, andere zu überzeugen. Es war, denke ich, mein Verdienst, über die Jahre hinweg andere überzeugt und dadurch etwas in Bewegung gesetzt zu haben. Deshalb bin ich sehr froh, seit 1955 bei Braun tätig sein zu können. Dieser enge Kontakt mit einer Firma ist wesentlich, um entscheidende Änderungen herbeizuführen. Natürlich um auch um zu wissen, welches know-how und welche Produktionsmöglichkeiten die Firma besitzt.

 

H. J.-W.:

Das Tischfeuerzeug energetic ist ein begehrtes Sammelobjekt - so wie die Wandanlage mit dem TS 45, TG 60 und den Boxen L 450, die Sie im vorhergehenden Interview als bedeutend kennzeichneten (Abb . 15), Was ist für Sie das Besondere dieser Wandanlage?

 

D. R.:

Die Bausteine audio 1, TS 40/45, der Plattenspieler PS 400, das TG 60 und verschiedene Boxen bilden Teil eines variablen Systems, das wir ab 1961 entwickelten. Bei den einzelnen Bausteinen setzten wir konsequent die Transistortechnologie ein. Ich legte besonderen Wert auf die Kombinationsmöglichkeiten der unterschiedlichen Bausteine in ein variables Gesamtsystem. Das Design dieser Geräte ist sehr klar, es entsprach meinen Vorstellungen, ein mehr auf die Technik und Bedienung der Geräte bezogenes Design zu entwickeln. Die Bausteine wurden als Wandanlage kaum installiert. Es kauften sie nur sehr individuelle Menschen, Menschen, die tatsächlich die Idee dieser Gestaltung begriffen. Die Wandanlage wirkt besonders als ästhetische Wandskulptur, wenn die Leitungen, einschließlich der der Antenne, unter Putz verlegt werden. Das bedarf natürlich einer Planung. Über den Handel lief der Verkauf der Wandanlage kaum, die Installation war zu arbeitsaufwendig. Andererseits - diese Wandanlage hängt noch heute bei mir zuhause, sie funktioniert und ist akustisch noch anhörbar. Auf Ihre Ausgangsfrage zurückzukommen - auf das Design bin ich stolz, auf die Durchsetzung auf dem Markt, darauf bin ich überhaupt nicht stolz, die war unmöglich.

 

H. J.-W.:

Sie kommen bei diesem Interview öfter auf die Durchsetzung der audiovisuellen Geräte auf dem Markt zu sprechen. Welche Probleme existierten?

 

D. R.:

Den Kontakt zum Gebraucher hätten wir stärker entwickeln müssen. Die Durchsetzung der HiFi Geräte auf dem Markt war nicht gelungen. Wir hätten weltweit mit der entsprechenden Werbung und dem Service operieren müssen. Dafür besaß Braun nicht das Potential. Deshalb war die Entscheidung von Gillette, diese Sparte aufzugeben, geschäftlich gesehen die richtige Entscheidung.

 

H. J.-W.:

Trotzdem schmerzt sie natürlich uns Braun Enthusiasten. Welche Entwicklungen für Vitsoe empfinden Sie als bedeutend?

 

D. R.:

Ich empfinde meine Montagesysteme, angefangen mit dem System RZ 57, das Wandregal RZ 60, bis hin zum Regalsystem 606 immer noch als aktuell (Abb. 16). Diese Systeme besitzen größtmögliche Variabilität, sie sind bis in die Einzelheiten durchkonstruiert. Es sind normale, zugleich intelligent einzusetzende Möbelsysteme. Sie gewährleisten die auch heute noch gültige Forderung nach größtmöglichster Flexibilität in der Einrichtung.

 

H. J.-W.:

Wir kommen leider zum Ende unseres Gesprächs. Herr Rams, wie beschreiben Sie das Feld Ihrer weiteren Tätigkeit für Braun?

 

D. R.:

Es ist nicht mein Ziel, Produkte zu entwerfen. Deshalb hat Peter Schneider ab Mai die Leitung der Produktgestaltung bei Braun übernommen. Ich möchte das Gesamterscheinungsbild und den Auftritt von Braun weltweit erhalten und noch verstärken. Dabei bin ich in meiner neuen Funktion als Executive Director Corporate ldentity Affairs ausschließlich dem Vorstandsvorsitzenden verantwortlich. Außerdem möchte ich die Quintessenz dessen, was an gutem Design in Deutschland präsent ist, im Ausland bekannter machen.

 

Das Interview führte am 9.2.1995 Hartmut Jatzke-Wigand mit Dieter Rams in der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Mit anwesend war Jo Klatt.

 

Fotos: Braun AG und Jo Klatt

 

 

Quelle:
Jatzke-Wigand, H.: Dieter Rams: "Zu diesen Entwürfen stehe ich noch heute …". In: Design+Design 33, Hamburg1995, 6-17

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