Hartmut Jatzke-Wigand
 

Jo Klatt

Die Braun Plattenspieler, Teil 2


In dem ersten Teil 'Die Braun Plattenspieler', konnten Sie die Entwicklung der Braun Gerätetypen G 12 bis PS 400 verfolgen. In den nachfolgenden zweiten Teil finden Sie die Fortsetzung der Braun Plattenspieler bis hin zum letzten Gerät der Braun atelier Serie, dem P 4.

 

In diesem Teil wird deutlich sichtbar, wie intensiv sich die Braun Techniker, Kontrukteure und Designer bemühten, den erworbenen technischen Vorsprung zu halten und weiter auszubauen. Es entstanden sehr hochwertige Abspielgeräte in einem vorzüglichen Design wie z.B. der PDS 550, PS 701 und die atelier Spieler der letzten Edition von Braun HiFi.

 

PS 350, 1973

 

Ein völlig neu gestalteter Plattenspieler in einem Kunststoffgehäuse wurde von Braun 1973 auf den Markt gebracht. Zusammen mit diesem Gerät wurde auch gleichzeitig eine neue Gerätegeneration entwickelt, die die erfolgreiche audio Serie ablösen sollte. Der Plattenspieler sollte wiederum die mittlere Preisklasse abdecken und als Chassis in HiFi-Anlagen eingebaut werden.

 

Der halbautomatische Plattenspieler PS 350 hatte gute Abspieleigenschaften mit einem bekannten Shure System. Das Gerät besaß nur noch zwei Laufgeschwindigkeiten, 33 1/ 3 und 45 U/ min. Eine neu entwickelte Deckelstütze hielt den glasklaren Thermoplastdeckel in jeder gewünschten Stellung fest. Desweiteren hatte er auch eine Drehzahlfeinregulierung und eine Antiskating-Einrichtung, die getrennt für konische und elliptische Nadeln zu justieren war.

 

Unsere Recherche ergab, daß von dem PS 350 fast 73000 Geräte gefertigt wurden. Die höchste Stückzahl eines von Braun gefertigen Plattenspielers.

 

PS 450, 1973

 

In seiner Optik und seinen Eigenschaften war er dem PS 350 ähnlich, zusätzlich besaß er jedoch eine automatische Tonarmsteuerung .

 

PS 358/PS 458, 1973

 

Die beiden Plattenspieler, in der markanten '8 Grad' Form, hatten die Chassis des PS 350 und PS 450 erhalten. Das Gehäuse mit der leichten Schräge bestand aus Kunststoff. Der Designer Dieter Rams wollte den damals noch zweitrangigen Werkstoff Kunststoff nicht kaschieren, sondern die sich daraus ergebende neue und moderne Formgebungsmöglichkeit darstellen.

 

Dar nach vorn hin geöffnete Deckel und die aus einem Stück gefertigte große Bodenform aus Polystyrol gepreßt, war für die damalige Zeit noch ungewöhnlich und fertigungstechnisch sehr schwierig.

 

Braun wollte mit dieser 'jungen Form' besonders die jugendlichen Musikfans ansprechen.

 

PS 550, 1976

 

Mit dem Plattenspieler PS 550 begann Braun eine neue Generation von hochwertigen HiFi-Plattenlaufwerken herzustellen.

 

Die technische Neuerung war die 'Steuerscheibe', mit ihr wurden alle Befehle für den Tonarm ausgeführt. Fast alle Funktionen dieses, über einen Riemen angetriebenen Laufwerks, konnten elektronisch gesteuert werden. Fotoelektronisch wurden die Aufsatz- und Abschaltdurchmesser abgetastet, elektrothermisch der Tonarmlift und auch die Antiskatingkraft konnte elektrisch erzeugt werden. Man sprach damals von einem verschleißarmen und wartungsfreien Plattenspieler. Letztlich war, durch die hochentwickelte Automatisierung ein Plattenspieler entwickelt worden, der sehr schonend die LP's abspielen konnte.

 

Dieses Gerät und die weiteren 550er Geräte wurden bis ins kleinste Detail gut durchgestaltet, eine wirklicher Genuß war, das Gerät während des Abspielens der Platten zu beobachten.

 

PS 550 S, 1977

 

Der Unterschied zum Grundgerät PS 550 bestand darin, daß der PS 550 S für die Drucktasten 'start' und 'stop' Sensortasten erhielt und durch eine zusätzliche Konstantlift-Funktion zum vorübergehenden Unterbrechen des Spiels in der Lage war. Das eingebaute Tonabnehmersystem Shure M 95 ED wurde mit einer elliptischen Abtastnadel gespielt.

 

PDS 550, 1977

 

Das damalige Spitzengerät war der PDS 550. Das 'D' stand für 'direkt' und sagte aus, daß der Plattenteller über den Motor direkt angetrieben wurde. Dies war zusätzlich ein Plus für die exakte Laufruhe. Die äußeren Unterschiede waren der schwarze Tonarm und die 12 Gumminoppen auf dem Teller, sowie die eingebauten flachen Sensortasten für alle Schaltfunktionen.

 

P501,1981

 

Der Plattenspieler P 501 erhielt den gleichen Gehäuseaufbau wie der PS 550 S. Ein langsamlaufender Gleichstrommotor übertrug mit einem Flachriemen die Drehzahl auf den Plattenteller. Eine automatische Tonarmsteuerung und eine photoelektrische Abtastung der Aufsetz- und Abschaltdurchmesser vereinfachte die Bedienung. Mit der Steuerscheibe konnten die Bewegungfunktionen des Tonarmes manuell gesteuert werden. Außerdem gab es eine verzögerte Tondurchschaltung, damit verhinderte man den Aufsetzknacks. Der Tonkopf hatte gegenüber dem PS 550 S eine schlankere Form.

 

P 701, 1981

 

Braun selbst bezeichnete den P 701 in einem Prospekt als einen Plattenspieler, der zur absoluten internationalen HiFi-Spitzenklasse gehörte.

 

Gegenüber dem PDS 550, der äußerlich fast identisch war, hatte er einige technische Besonderheiten zusätzlich zu bieten. Die Sensortasten entfielen, dafür erhielt er die zuverlässigen Tipptasten. Der quarzgesteuerte Direktantrieb gab dem auf einem Spezialkugellager laufenden und aus Messing gedrehtem Plattenteller sehr gute Gleichlaufwerte. Als Krönung erhielt der P 701 ein moving-coil (dynm.) System mit elliptischer Nadel.

 

Die Atelier Plattenspieler

 

P 1, 1980

 

Die letzten Plattenspieler, die Braun a/d/s/ herstellte, waren die Geräte für die Atelier Serie. Die einzelnen Komponenten konnten sowohl nebeneinander, als auch übereinander aufgestellt werden, wobei der P 1 Plattenspieler durch seine Haube über die anderen Geräte hinausragte.

 

Die Atelier Plattenspieler hatten die Bedienungselemente außerhalb der Abdeckhaube. So konnte man sofort nach dem Auflegen der Schallplatte die Haube schließen und den Abspielvorgang von außen steuern.

 

Ein wesentliches Kontruktionsmerkmal war die mit einer Klappe versehene Geräterückseite. Dadurch wurden alle Anschlußleitungen versteckt und die Anlage konnte man problemlos frei im Raum aufgestellt werden ohne eine optisch störende Rückseite hinnehmen zu müssen.

 

Der P 1 erhielt einen quarzgesteuerten Direktantrieb, war vollautomatisch und mit einem motorangetriebenen Tonarm versehen. Der Atelier Plattenspieler und die weiteren Komponenten der Serie bildeten mit dem spektakulären Schlußverkauf 1990 das Ausscheiden der Marke Braun in der HiFi-Branche, mit der erfolgreichen Schlußverkaufsaktion, der 'Letzten Edition'.

 

P 2, 1982

 

Der direktangetriebene Plattenspieler P 2 wurde mit einem besonderen Verfahren 'ULM ' unempfindlch gegen die akustische Rückkopplung, ausgehend vom Tonarm, bzw. der Schallplatte, gemacht. In dem Tonarm wurde serienmäßig ein hochwertiges Ortofon System eingebaut, er wurde dadurch leichter und erhielt zusätzlich ein etwas anderes Aussehen.

 

P 3, 1982

 

Der Plattenspieler P 3 wurde wieder mit einem quarzgesteuerten Direktantrieb ausgestattet, der dann einen exzellenten Gleichlaufwert von 0,04% (DIN) erhielt. Des weiteren war er baugleich mit seinem Vorgänger.

 

P 4, 1984

 

Der P 4 war der bestausgestattete Atelier Plattenspieler und auch gleichzeitig der Letzte, der von Braun gebaut wurde.

 

Ein mikroprozessorgesteuerter Vollautomatik-Spieler mit dem hochwertigen Moving-coil Tonabnehmersystem der Spitzenklasse.

 

Das hochwertige Gerät besaß alle weiteren technischen Eigenschaften seiner Vorgänger und erhielt zusätzlich als einziger Plattenspieler die Steuerungsmöglichkeit über die RC 1 Fernbedienung.

 

Nachsatz

 

Durch die Einführung des CD-Players, als Musikwiedergabegerät in ein er HiFi Anlage, hat der Plattenspieler nicht mehr die zentrale Bedeutung wie in den 60er und 70er Jahren, als die Musikkonserve noch von der Schallplatte kam. Heute fristet er überwiegend im 'Stillstand ' nur noch eine optische Rolle in der HiFi-Anlage .

 

Die Daten der aufgeführten Braun Plattenspieler wurden dem Werkverzeichnis 'Braun+ Design Collection' entnommen. Hier finden Sie noch weitere Angaben, die hier nicht aufgeführt wurden. Des weiteren wäre hier noch die Bewertungsliste 'Braun+ Design Tax' zu nennen. In diesem Taschenbuch finden Sie den Original Verkaufspreis zu den Geräten, die Produktionsstückzahlen und drei aktuelle Bewertungsstufen in DM. Beide Bücher sind im Jo Klatt Design+ Design Verlag erschienen.

 

Hinweise für Sammler

 

Wenn man die Plattenspieler aus Teil 1 in ihrer Bewertung außeracht läßt, so bleiben drei Gerätegruppen übrig. Eine besondere Gruppe der Typenbezeichnung Fünfhundert und Siebenhundert sind die Geräte der 'studio linie' in der slim-line Bauform. Diese Geräte haben alle eine gute Gestaltung mit besonders schönen Detailausarbeitungen. Die ebenfalls hohe technische Leistung der HiFi-Plattenspieler wird durch das Design exzellent zur Geltung gebracht. Als besondere Krönung ist der P 701 mit seiner hochwertigen technischen Ausstattung und den wenig produzierten Exemplaren (ca. 900 Stück) zu nennen.

 

Da gerade diese optisch schönen Braun Plattenspieler sehr gute Abspieleigen schaften besitzen, sollte ein derartiges Gerät in ein er 'aktiven' Braun HiFi -Sammlung nicht fehlen.

 

Text: Jo Klatt

Fotos : Braun AG und Jo Klatt

 

Die Schallplattenpflege

Der leicht verletzbare Tonträger, die Schallplatte, reagiert auf mechanische Zerstörung der Tonrillen sehr empfindlich. Die Wiedergabe von guten HiFi Aufnahmen können durch unsach gemäße Behandlung zerstört werden. Aus diesem Grunde versuchte Braun, in den Informations- Schriften aus den 60er und 70er Jahren ständig, auf die sorgfältige Plattenpflege hinzuweisen. Die Pflege ist heute noch genauso wichtig , wie dies einer Braun Kundendienst Information aus dem Jahre 1961 zu entnehmen war:

 

'Mit fortschreitendem Abschliff vergrößern sich die Auflageflächen der Nadel. Diese kann dadurch den Rillen immer weniger in die 'Spitzenkehren' folgen, d.h. sie gibt die höchsten Frequenzen immer schlechter wieder. Die durch den Abschliff entstehenden scharfen Kanten wirken überdies auf die Rillenwände wie Hobel und verschleißen so die Platte'.

 

'Nadelverschleiß schädigt die Platten, schlechte Platten wiederum schleifen neue Nadeln schneller ab. Um die unvermeidliche Abnutzung so gering wie möglich zu halten, sollten daher Platte und Nadel vor jedem Abspielen von Staub gereinigt werden. Platten sollten nur in abriebfesten Hüllen aufbewahrt werden.

 

 

Quelle:
Klatt,J.: Die Braun Plattenspieler Teil 2. In: Design+Design 39, Hamburg März 1997, 5-13

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