Hartmut Jatzke-Wigand
 

Hartmut Jatzke-Wigand

Innovativer Standard für die Audiowiedergabe: der MP3-Player 'iPod' mit dem 'SoundDock Digital Music System'


Ob Schellackplatte, Single, Langspielplatte, Tonband, Kassette oder CD – spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts kann sich jede Mediengeneration auf ihre eigenen kultischen Medienträger berufen. 1) Mit dem jeweils bevorzugtem Medium bildet sich somit eine Generationsidentität heraus. Diese Identität prägt Ästhetik und Lebensstil, sie lässt sich in atmosphärischen, habituellen, gestischen und kulturellen Kontexten beschreiben. 2) So kann sich die Generation der Langspielplatten-Nutzer noch sehr gut an das Herausnehmen der LP aus dem wohl geordneten Plattenregal, an die Gestaltung der Plattenhülle, an das sorgfältige Herausnehmen der Platte, der exakten Bedienung des Plattenspielerarms mit den typischen Handbewegungen und dem dann folgenden charakteristischen Knistern erinnern. 3)

 

Als erstes Medium des 21. Jahrhunderts verändern die digitalen MP3-Player 'iPod' der Apple Computer Inc. (Cupertino, Kalifornien) mit Miniaturfestplatten als Speichermedium grundlegend die Speicherung und Rezeption von Sprache und Musik (Abb. 1). 4) Unterstützt durch den 'iTunes musicshop' – er ermöglicht das kostenpflichtige Herunterladen von Musikstücken aus dem Internet -, durch kreative Werbung und anspruchsvoll gestaltetes Zubehör erlangen diese Geräte innnerhalb von nur zwei Jahren einen Kultstatus (Abb. 2). 5)

 

Das elegante digitale Musiksystem 'SoundDock' der Bose Coporation (Framingham, Massachusetts) ermöglicht die brilliante und klare Wiedergabe der im 'iPod' gespeicherten Sprache oder Musik, es setzt - typisch für Bose - neue Standards für die Audiowiedergabe dieser MP3-Player (Abb. 3 ). 6) 7) 8) 9)

 

Kennzeichnende Merkmale des 'iPod' Designs

Steve Jobs verfolgt als CEO der Apple Computer Inc. zielstrebig seine Vision des 'Digital Hub' - der digitalen Vernetzung vom Computer, MP3-Player, DVD-Player, Webcam oder Digicam. 10) Basierend auf diese strategisch ausgerichtete Firmenphilosophie entwickelt die interne Designabteilung IDG unter Leitung von Jonathan Ive einen ganzheitlichen Designansatz, der mit dem grafischen Erscheinungsbild von Apple korrespondiert. 11) Ähnlich wie Dieter Rams mit seinen Arbeiten für die Braun AG oder Vitsoe zeigt Jonathan Ive als Gestalter einheitlicher und formschöner Produktlinien ein Gespür für Einfachheit und Sensibilität verbunden mit der notwendigen Urteilskraft.


Einfache geometrische Grundformen bestimmen das Design der jeweiligen 'iPod' Generationen (Abb. 1). 12) Die erste 'iPod' Generation (ab 23.10.2001) kennzeichnen deutlich verrundete Ecken und das sinnvoll angeordnete 'Scrollrad' mit wenigen Bedienelementen. Die glänzende Edelstahlrückseite und die weiße Front aus Polyamid vermitteln den Eindruck von Wertigkeit. Die dritte 'iPod' Generation (ab 28.4.2003) gestaltet das IDG Team durch Einsatz eines berührungsempfindlichen 'Touchwheel' noch schmaler. Der 'iPod Mini' (ab 6.1.2004) lässt sich durch eine neu konzipierte 'Clickwheel' kombiniert mit Steuerelementen noch intuitiver bedienen. Bei sämtlichen iPod-Modellen betonen die Materialauswahl, die homogen angeordneten Details und die sinnfällige Bedienbarkeit den zeitlos wertig erscheinenden, kulturübergreifenden Charakter des Apple Designs.

 

Ein designhistorischer Kontext – die tragbare Stereoanlage 'PCV 4' der Braun AG

 

Die vom Nutzer gewünschte Mobilität für die Gestaltung eigener Musikprogramme auf Festen oder Veranstaltungen ermöglicht ab 1961 die tragbare Stereoanlage 'PCV 4' der Braun AG (Abb. 4). 13 )
Dieter Rams gestaltet das kompakte Koffergerät (400x200x260mm) für den robusten Gebrauch. Unempfindliches, grafitfarbenes Kunststoffgewebe überzieht den Holzkoffer. Einen für damalige Hörgewohnheiten erstaunlich guten Stereoklang bieten die beiden Lautsprecherboxen, die zugleich als abnehmbare Deckelhälften des Koffers dienen. Der schlichte, dabei materialgerecht gestaltete weiße Tonarm, die exakt gesetzten Bedienungselemente und die harmonisch proportionierten Schlitzungen zeigen bei diesem Gerät die für Dieter Rams' Design typische Ordnung und Harmonie. Der 'PCV 4' entwickelte sich in den sechziger Jahren zum Kultgerät, er setzt 1961 einen Gebrauchswertstandard für tragbare Phonogeräte.

 

Designprozess des 'SoundDock Digital Music System'

 

Die von Rich Carbone (Lead Designer) und Gustavo Fontana (Industrial Designer) entworfene Gestalt des 'SoundDock' nimmt bewusst zentrale Gestaltungsmerkmale des 'iPods' auf, um so aus beiden Geräten eine harmonische Einheit zu formen. 14) 15) Weiterhin gelten für das 'SoundDock' Boses Designprinzipien wie eine elegante, zugleich diskrete Gestaltung, eine möglichst kompakte, auf das Substantielle reduzierte Form und die Realisierung einfachster Bedienung.

 

In den ersten Entwurfsskizzen für den 'SoundDock' ist der 'iPod' mittig im Gehäuse platziert (Abb. 5). Während dieses Entwurfsstadiums erkennen die Designer in enger Zusammenarbeit mit dem Akustik-Ingenieur Jim Wagner, dass sowohl Form als auch Größe des 'SoundDock' eng mit dem erforderlichen akustischen Volumen für den angestrebten brillianten und kraftvollen Klang korrespondieren. 16) Bei einer möglichst kompakten Gestalt lässt sich dieses akustische Volumen nur durch ein für den Bassbereich optimiertes 'Slot-Port' Gehäuse erreichen. Deshalb zeigt die zweite Skizze die Platzierung des 'iPod' außerhalb des Gehäuses (Abb. 6). Ein erster Prototyp weist schon die dominierenden Designmerkmale des 'SoundDock' auf: das nach hinten geneigte, hell glänzende weiße Gehäuse aus Lexan Polycarbonate und die elegant geschwungene silbrige Lautsprecherfront (Abb. 7).

 

Das 'SoundDock Digital Music System'

 

Weitere umfangreiche Laborversuche zur Optimierung der akustischen Eigenschaften bestimmen die endgültige formale Ausprägung des 'SoundDocks' (Abb. 3). Jeweils rechts und links sitzen die Lautsprecher mit integriertem Hochleistungstreiber. Ihre Außenstellung von jeweils zehn Grad vergrößert die Stereo-Trennung, sie bedingt die elegant geschwungene Wölbung der Vorderfront. 17) Dies ist ein typisches Designmerkmal der Bose Geräte, das u.a. die Bose '901' Lautsprecher, die 'Wave Radios', die aktuellen 'Lifestyle Media Center', das '3.2.1 Media Center' oder die 'Gemestone' Lautsprecher kennzeichnet. 18)

 

Das Port Design des Lautsprechersystems, die Form und die versetzte Anordnung der Löcher auf der Gitterfront verhindern klangmindernde Turbulenzen des Lufthubs. 19) Die kompakte Größe des 'SoundDock' (16,89x30,26x16,47cm) mit seiner gestaffelten, schmalen Rückfront erreichen die Designer nur, weil die Bose Ingenieure durch patentierte Technologien den Verstärker, Equalizer und die Lautsprecher exakt aufeinander abstimmen. 20) Vier elastische Bügel verbinden die Dockingstation für den 'iPod' mit dem 'SoundDock' Gehäuse. Diese Geräuschentkopplung verhindert mögliche störende Vibrationen auf der Stellfläche.

 

Das zurückhaltende Design des 'SoundDock' erhält seine Wertigkeit durch die sorgfältig proportionierten Radien, seine elegante Vorderfront und die hochwertige Oberflächengestaltung. Der jeweilige in der Dockingstation befindliche 'iPod' harmoniert aufgrund seiner Designmerkmale mit dem 'SoundDock' – beide Geräte bilden eine Einheit. Die silberfarbene Lautsprecherabdeckung wirkt dabei als kontrastreicher Hintergrund. Insgesamt verkörpert das unverwechselbare Design des 'SoundDock Digital Music Systems' eine visuelle Entsprechung auf seine exzellenten technologischen Eigenschaften. Es lässt sich überall positionieren und fügt sich durch seine elegante Erscheinung in jedes Ambiente.

 

Installation und Bedienung des 'SoundDock'

 

Sowohl Installation als auch Bedienung des 'SoundDocks' sind sehr einfach. Bei der ersten Inbetriebnahme wird der jeweilige Adapter für die verschiedenen iPod-Modelle in den Dockinganschluss auf der Oberseite der Dockingstation eingerastet. 21) Die Lautstärke ist auch durch Tasten links und rechts auf der Dockingstation einstellbar. Die Navigationstasten des iPods sind während des Betriebes in der Dockingstation voll funktionsfähig, zugleich lädt das 'SoundDock' den Lithium-Ionen-Akku auf.

 

Die Infrarot Fernbedienung dient zur Steuerung des iPods (Abb. 8). 22) 23) Die nur scheckkartengoße Fernbedienung liegt durch ihre Verrundung angenehm in der Hand. Die auf wenige Tasten reduzierten Bedienfunktionen, die leicht gewölbte Form der grauen Tasten und ihre sinnvolle Anordnung auf dem Bedienfeld erleichtern die intuitive Bedienung. Sie sind ein weiteres Merkmal dieses benutzerfreundlichen Systems.

 

Text: Hartmut Jatzke-Wigand
Photes: Bose GmbH, Jo Klatt

 

 

Quelle:
Jatzke-Wigand, H.: Innovativer Standard für die Audiowidergabe: der MP3-Player 'iPod' mit dem 'SoundDock Digital Music System. In: Design+Design 71, Hamburg März-Mai 2005, 4-9

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